Rezensionen zum Thema 11.9.
Phantome aus dem Off produzieren wertlose Geständnisse
Gerhard Wisnewski über die Spiegel-Titel-Story vom 27.10.2003

Titelseite des 'Spiegel' vom 27.10.2003

Starker Tobak: "Die beiden Chefplaner des 11. September haben gestanden - und mit den Protokollen ihrer Vernehmungen lässt sich jetzt ein genaues Bild der Vorgeschichte des Terroranschlags zeichnen", schreibt der Spiegel in einer Titelgeschichte am 27.10.03. "Die Aussagen enthüllen auch, wie Osama Bin Laden persönlich die Hamburger Todespiloten auswählte."

Ein großes Versprechen: Die Terroranschläge vom 11.9.2001 sind aufgeklärt! Osama und die Seinen sollen es gewesen sein, obschon Bin Laden vom FBI nicht einmal wegen des 11.9. gesucht wird. Seis drum: Das Aktenzeichen 11.9., so will die Illustrierte aus Hamburg suggerieren, ist keineswegs ungelöst. Mit Macht bemüht sich der Spiegel, die Aktendeckel, die immer wieder aufklappen und äußerst mysteriöse Details freigeben, endgültig zuzuklappen.

Die angeblichen Geständnisse sollen von den beiden vor Monaten festgenommenen, mutmaßlichen Al-Qaida-Mitgliedern Ramzi Binalshibh und Khalid Scheich Mohammed stammen. Wer nun wirkliche Details über die Planung und Logistik der Anschläge erwartet, wird allerdings enttäuscht. "Warum gebrauchst du eine Axt, wenn du einen Bulldozer einsetzen kannst?", wird beispielsweise Osama Bin Laden wolkig zitiert. Die Anschläge vom 11. September werden als "Heiliger Dienstag" kodiert. Mit ähnlich nichtssagenden Zitaten wurde man bereits in dem Buch "Masterminds of Terror" abgespeist, in dem die Reporter Yosri Fouda und Nick Fielding behaupteten, die beiden "Drahtzieher" des 11. September in Karatschi getroffen und interviewt zu haben. Leider gingen, wie die Journalisten in ihrem Buch berichten, sämtliche Beweise für dieses Interview verloren. Die Interviewbänder durften sie nicht mitnehmen, nur eine Tonaufnahme wurde ihnen nachgeschickt. Diese aber war verzerrt und wurde schließlich auch nur verzerrt gesendet. Kurz nach den angeblichen Interviews mit Fouda und Fielding wurden Ramzi Binalshibh und Khalid Scheich Mohammed verhaftet und sind seitdem verschwunden.

Nun sollen sie also wieder aus dem Dunkel aufgetaucht sein, aber nur in Form von "Geständnissen". Wo sie selbst sind, weiß - genau wie bei Bin Laden - niemand. Sie sind Phantome aus dem Off. Die angeblichen Geständnisse werden auch nicht in Form wörtlicher Zitate wiedergegeben, sondern vom Spiegel hauptsächlich dahererzählt. Sie enthüllen wieder einmal kein hartes Täterwissen über die Anschläge vom 11.9., ein wichtiges Kriterium zur Prüfung ihrer Echtheit. Der Spiegel aber nimmt sie dennoch eins zu eins für bare Münze: "Die Aussagen zerreißen jene Schleier, die bis heute noch über der Vorgeschichte des 11. September liegen. Sie liefern den Beweis, dass die Qaida-Spitze permanent in die Vorbereitungen eingebunden war - und das auch weit früher als bislang angenommen."

In Wirklichkeit beweisen die "Geständnisse" gar nichts: ungeniert räumen die Spiegel-Schreiber in der Titelgeschichte nämlich ein, daß sie durch Folter erreicht wurden:

"Im März dieses Jahres wurde der Bin-Laden-Vertraute und Chefplaner des 11. September (gemeint ist Khalid Scheich Mohammed; G.W.) festgenommen. Seit amerikanische Verhör-Spezialisten ihn in die Mangel nehmen, redet er ausgiebig. "

"Mit welchen Methoden US-Verhörspezialisten die Redebereitschaft wecken, hat sich schon im Camp in Guantanamo Bay gezeigt. Den gefangenen Terroristen dort wird klar gemacht, dass es für sie nur eine Hoffnung gibt: zu reden. Ob der Gefangene eine Nacht ausschlafen kann, ob in seiner Zelle Tag und Nacht Licht brennt, was es zu essen gibt - all das hängt davon ab, ob er redet. Der Druck scheint zu wirken: 'Wir haben eine unglaubliche Menge Informationen aus ihnen herausgeholt, die es für unglaublich viele Personen auf dieser Welt sehr viel schwerer machen wird', sagt US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld."

"Wo Binalshibh und er derzeit vernommen werden, ist unbekannt. Sicher ist nur, dass sie nicht in Guantanamo Bay festgehalten werden. Ansonsten gibt es viele Gerüchte: Auf einem US-Kriegsschiff sollen sie sein, auf dem Luftwaffenstützpunkt Diego Garcia im Indischen Ozean oder in Bagram, dem US-Hauptquartier in Afghanistan. Möglich ist aber auch, dass sie in einem Staat gefangen gehalten werden, der es mit den Menschenrechten und dem Folterverbot nicht so ernst nimmt und für die Amerikaner die Schmutzarbeit erledigt. 'Hotel California' nennen US-Ermittler solche Orte."

"Darüber, wie US-Vernehmer ihren Job begreifen, haben sie nie einen Zweifel gelassen: Alles, was die beiden über al-Qaida wissen, müsse aus ihnen herausgeholt werden, im nationalen Interesse, heißt es bei der CIA", schreibt der Spiegel. "Wir haben die Samthandschuhe ausgezogen", zitiert das Blatt einen Anti-Terror-Spezialisten: "Was das bedeutet, hat zuletzt Omar al-Faruk, bis zu seiner Festnahme eine Art Südostasien-Beauftragter Bin Ladens, erfahren. In seiner Isolierzelle in Bagram brannte Tag und Nacht das Licht, Faruk musste nachts auf dem Boden hocken. Schockartig erhöhten die Vernehmer die Temperatur auf tropische 38 Grad, um sie dann auf eisige zwölf Minusgrade fallen zu lassen - so lange, bis er zur Kooperation bereit war."

"Unter welchen Umständen die Geständnisse von Binalshibh und Scheich Mohammed zu Stande kamen", so die Zeitschrift weiter, "wird sicher auch die politische und strafrechtliche Bewertung beeinflussen - wenn es denn jemals ein ordentliches Gerichtsverfahren geben sollte."

Leider haben diese "Umstände" die Bewertung der "Geständnisse" durch den Spiegel offenbar keineswegs beeinflußt. Denn da die angeblichen "Geständnisse" offenbar unter Folter zustande kamen, sind sie natürlich nicht nur politisch und strafrechtlich vollkommen wertlos, sondern auch journalistisch - was in Hamburg niemanden zu stören scheint.

Quelle: www.operation911.de


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