Schauplatz Tibet
Tibet und eine Erinnerung an den am 10. März 1959 von der CIA angezettelten 'Aufstand'
Gary Wilson in WORKERS WORLD vom 19.3.2008 - in der deutschen Übersetzung in 'Luftpost - Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein'

Geht es in Tibet um einen neuen nationalen Befreiungskampf oder geschieht dort etwas ganz anderes?

Die US-Medien sind voller Geschichten über die die Ereignisse in Tibet. Fast jede Nachricht ist jedoch mit dem Vorbehalt versehen, dass vieles, was berichtet wird, nicht nachprüfbar ist. Die Quellen der Berichte sind unbekannt oder bleiben im Dunkeln. Wenn nach dem gleichen Muster wie sonst verfahren wird, ist es wahrscheinlich, dass die Informationen vom US-Außenministerium oder von der CIA stammen.

Eine häufig zitierte Quelle ist John Ackerly. Wer ist dieser John Ackerly eigentlich? Er ist Präsident der International Campaign for Tibet, und er und seine Gruppe scheinen sowohl mit dem US-Außenministerium als auch mit dem Kongress bei deren Bemühungen um Tibet zusammenzuarbeiten. Während des Kalten Krieges betreute Ackerly in Washington "Dissidenten" aus Osteuropa, in den Jahren 1978-80 besonders solche aus Rumänien.

Ackerly und seine International Campaign for Tibet sind Klienten der privaten internationalen Sicherheitsagentur Harbor Lane Association, die auch den früheren CIA-Chef und US-Präsidenten George A. W. Bush (den Vater des jetzigen Präsidenten) und den früheren Pentagon-Chef William Cohen betreut.

AP, Reuters und die anderen westlichen Nachrichtenagenturen zitieren meist Ackerly als Hauptquelle für die übertriebenen Berichte über die Zusammenstöße, die sich gerade in Tibet ereignen. So hat zum Beispiel MSNBC (US-amerikanischer Nachrichtensender) am 15. März berichtet:

"John Ackerly von der International Campaign for Tibet, einer Gruppe, die Autonomie für Tibet fordert, übermittelte uns per E-Mail die Nachricht, er fürchte hunderte Tibeter seien verhaftet worden und würden verhört und gefoltert".

Qiangba Puncog, ein Tibeter, der Vorsitzender der Tibet Autonomous Regional Government (Regierung der autonomen Region Tibet), ist beschrieb die Situation bei einer Pressekonferenz am 17. März in Peking ganz anders.

Nach einem Bericht auf der offiziellen Website der chinesischen Regierung (http://english.gov.cn/2008-03/17/content_922818.htm) sagte der führende Tibeter, Verbündete des im Exil lebenden Dalai Lama hätten am 14. März "rücksichtslos geprügelt, geplündert, verwüstet und Feuer gelegt und ihre Aktivitäten in mehrere Stadtteile getragen. Sie hatten es auf Ladengeschäfte, Grund- und Mittelschulen, Krankenhäuser, Banken, Enrgieversorgungs- und Kommunikationseinrichtungen und Medienanstalten abgesehen. Sie zündeten Autos an und verfolgten und schlugen unbeteiligte Passanten. Sie überfielen Läden, Fernsehsender und Regierungsgebäude. Durch ihr Verhalten haben sie Einwohnern der Stadt Lhasa schwere körperliche und finanzielle Schäden zugefügt, die öffentliche Ordnung gestört und gegen Gesetze verstoßen."

"Dreizehn unschuldige Zivilisten verbrannten oder wurden am 14. März bei dem Aufruhr in Lhasa erstochen, 61 Polizisten wurden verletzt, sechs von ihnen schwer," sagt Qiangba Puncog.

"Nach unseren Zählungen haben die Aufrührer mehr als 300 Gebäude angezündet, darunter auch Wohnhäuser, und 214 Läden und 56 Autos zerstört und verbrannt."

Qiangba Puncog behauptete auch, die Sicherheitskräfte hätten während des Aufruhrs am Freitag keine tödlichen Waffen getragen oder eingesetzt.

Die Gewalt entsprang einer Verschwörung von einheimischen und ausländischen Gruppen, die "Unabhängigkeit für Tibet" fordern. "Die Clique des Dalai Lama hat den Aufruhr inszeniert, geplant und sorgfältig vorbereitet," sagte Qiangba Puncog.

Er erinnerte auch daran, dass am 10. März vor 49 Jahren die Sklavenhalter des alten Tibets das Land mit einer bewaffneten Rebellion spalten wollten. Die Rebellion sei damals niedergeschlagen worden. Seit 1959 zettelten Separatisten innerhalb und außerhalb Chinas jedes Jahr aus Anlass dieser Rebellion irgendwelche Aktivitäten an.

"Jeder Versuch der Spalter, die Stabilität Tibets zu sabotieren, kann nicht auf die Unterstützung der Tibeter hoffen und ist zum Scheitern verurteilt," sagte Qiangba Puncog.

Das Treffen in Neu Delhi

Was jetzt in Tibet geschieht, wurde seit langem vorbereitet. Schon im Juni letzten Jahres hat in Neu Delhi in Indien eine Konferenz der "Friends of Tibet" stattgefunden. Sie wurde als Konferenz zur Abspaltung Tibets beschrieben.

Auf der Website http://www.phayul.com/ wurde damals berichtet, dass auf der Konferenz beschlossen wurde, "die Olympischen Spiele als einzigartige Chance der Tibeter zu nutzen, sich zu erheben und zu protestieren". Es wurde aufgerufen zu weltweiten Protesten, zu einem Marsch von Exil-Tibetern von Indien nach Tibet und zu Protesten in Tibet selbst. Alle Aktionen sollten im Vorfeld der Olympischen Spiele in Peking stattfinden.

Dann folgte im Januar dieses Jahres von Organisationen, die in Indien angesiedelt sind, ein Aufruf zu einem "Aufstand" in Tibet. In einem Zeitungsbericht vom 25. Januar war zu lesen, am 4. Januar habe sich die "Tibetian People's Uprising Movement" (Aufstandsbewegung des tibetanischen Volkes) gegründet und bereite sich auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking vor. Als Beginn für den Aufstand wurde der 10. März festgelegt.

Als dieser Aufruf erging, traf David Mulford, der US-Botschafter in Indien, im indischen Dharamsala mit dem Dalai Lama zusammen. Die Stellvertretende US-Außenministerin Paula Dobriansky hatte ihn schon im November letzten Jahres (in seinem Domizil) in Dharamsala besucht. Frau Dobriansky ist auch Mitglied im neokonservativen Project for a New American Century / PNAC (Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert). Sie war in die so genannten "Color Revolutions" (Sturz der kommunistischen Regierungen) in Osteuropa involviert.

Phayul.com. hat berichtet, die "aufständischen Gruppen in Tibet" handelten "im Geist des Aufstandes von 1959".

Der Aufstand von 1959

Mehr Wissen über den "Aufstand" von 1959 könnte helfen, die heutigen Ereignisse in Tibet besser zu verstehen.

2002 wurde von der University Press of Kansas ein Buch mit dem Titel "The CIA's Secret War in Tibet" (Der geheime Krieg der CIA in Tibet) veröffentlicht. Die beiden Autoren – Kenneth Conboy von der Heritage Foundation und James Morrison, ein Veteran der Army und ehemaliger CIA-Ausbilder – berichten stolz und in allen Einzelheiten darüber, wie die CIA die so genannte Widerstandsbewegung aufgebaut und angeleitet hat. Der Dalai Lama selbst stand auf der Lohnliste der CIA und billigte die Vorbereitungen der CIA für einen bewaffneten Aufstand.

Die CIA machte 1959 Gyalon Thodup, den Bruder des Dalai Lama, zum Anführer des blutigen bewaffneten Angriffs. Eine Armee von "Contras" wurde in Colorado ausgebildet und dann mit Flugzeugen der US-Air Force in Tibet abgesetzt.

Der Überfall von 1959 war ein von der CIA geplanter und organisierter Umsturzversuch, und ähnelt sehr der späteren Invasion in der Schweinebucht, die gegen das sozialistische Kuba gerichtet war. Er zielte darauf, die amtierende Regierung Tibets zu stürzen, die chinesische Revolution zu schwächen und das Volk Tibets den imperialistischen Interessen der USA unterzuordnen. Was sagt uns das über den neuen März-Aufstand, der im gleichen Geist erfolgt?

Quelle: luftpost-kl.de (VISDP: Wolfgang Jung, Assenmacherstr. 28, 67659 Kaiserslautern)
Quelle der englischen Originalversion: workers.org


Weiterer Beitrag zum Thema Tibet:
Chinas weicher Unterleib - Die tibetische Falle
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