Köln, 22.11.2001 - Protest gegen die Privatisierung städtischen Wohnraums - NEIN zum Verkauf von GAG und Grubo!Bilder

Keine faulen Tricks, Herr Bietmann! Bürgerbegehren anerkennen!

Aufruf zur Kundgebung am 22. November 2001

Der städtische Wohnungsbau muss erhalten bleiben - NEIN zum Verkauf von GAG und Grubo!

Über 65.000 Kölnerinnen und Kölner haben das vom Mieterverein iniziierte Bürgerbegehren gegen den vom Rat der Stadt Köln beschlossenen Verkauf der Wohnungsgesellschaften GAG und Grubo innerhalb weniger Wochen unterzeichnet und damit ein eindrucksvolles Zeichen gegen den Privatisierungswahn von CDU und FDP gesetzt. Am 22. November 2001 muss sich daher der Rat der Stadt erneut mit der Thematik befassen. Die Herren Bietmann, Schramma und Sterck sind jedoch schlechte Verlierer. Anstatt den Bürgerwillen zu akzeptieren und sich einer neuen Diskussion der Problematik zu stellen, versuchen sie nunmehr das gesamte Bürgerbegehren zu diskreditieren, in dem unterstellt wird, der Mieterverein hätte Tatsachen verdreht und die Unterstützer bewusst im Unklaren darüber gelassen, worum es überhaupt gehe. Für wie dumm halten CDU und FDP eigentlich uns Kölnerinnen und Kölner? Wir alle wissen seit Beginn der Diskussion nur zu gut, was Bietmann & Co. mit ihren Verkaufsplänen von GAG und Grubo tatsächlich bezwecken und welche gravierenden Folgen diese "Privatisierungen" haben werden!

Die Agressivität, mit der die Ratsmehrheit auf das erfolgreiche Bürgerbegehren reagiert zeigt einmal mehr: hier geht es ums Ganze! Alle Kölnerinnen und Kölner sind von einem GAG/Grubo-Verkauf direkt oder indirekt betroffen!

Wir fordern von den Mitgliedern des Kölner Rates:
  • GAG und Grubo müssen in kommunaler Hand bleiben!
  • Der öffentlich-soziale Wohnungsbau muss erhalten bleiben!
  • Der Rat der Stadt Köln muss das erfolgreiche Bürgerbegehren anerkennen!
Protestkundgebung gegen den Verkauf von GAG und Grubo

Donnerstag, 22. November 2001, ab 14.00 Uhr (vor der Ratssitzung), Gürzenich, Gürzenichstraße (Verlängerung Schildergasse), Altstadt


Privatisierung für die Gewinne der Unternehmen

Jürgen Crummenerl, attac Köln, im Rahmen der Kundgebung

Ich begrüsse Sie herzlich im Namen von attac. Wir setzen uns seit längerer Zeit mit dem Problem der Privatisierung kommunaler Daseinsvorsorge auseinander, denn Privatisierung ist in den letzten Jahren die große Mode.

Wir fragen, warum wird alles mögliche privatisiert und mit welchen Konsequenzen. Warum?

Uns wird vorgegaukelt, dass mit einer Privatisierung alles effektiver, besser und billiger würde. Die Privavatisierungswelle läuft. Weltweit ist dieser Prozess im Gange, über die Welthandelsorganisation WTO sollen in allen Ländern Privatisierungen durchgesetzt werden

Hier bei uns ist die Privatisierung ebenfalls voll entfaltet:
  • Ein Teil der Renten wurde bereits privatisiert (und angebunden an Aktienkurse, die gerade einen Tiefsturz machen), das Gesundheitswesen ist jetzt dran, die Pharmakonzerne und die Geräteindustrie verdient, die Patienten erhalten immer schlechtere Leistungen, mit Zuzahlung.
  • Und auf kommunaler Ebene sind der öffentliche Nahverkehr, sogar die Wasserversorgung ins Visier genommen.
  • Jetzt in Köln soll auch der städtische Wohnungsbau bzw. die städtische Wohnungsverwaltung privatisiert werden.
Was sind die Gründe?
  • Zum einen wollen Konzerne und Großunternehmen an der Privatisierung verdienen, es geht nicht um eine bessere und sichere Versorgung, sondern um möglichst viel Gewinn - diese Unternehmen haben ihre Handlanger in den kommunalen Parlamenten , die die Privatisierung dort durchsetzen.
  • Zum Zweiten werden die Steuereinnahmen immer weniger: die Massenentlassungen tragen natürlich ihren Teil dazu bei - aber vor allem zahlen Riesenkonzerne wie Daimler Chrysler, Siemens usw. kaum noch Steuern oder sogar gar keine,. Sie nutzen Steuerparadiese und Billiglohnländer, um möglichst viel Gewinn zu machen, aber dem Staat wollen sie nichts geben. Und nun schreien die Finanzminister und Stadtkämmerer: wir haben kein Geld, wir müssen alles, was wir haben, verkaufen - anstatt dafür zu sorgen, dass Großkonzerne und Banken ordentlich ihre Steuern bezahlen. Lieber verkaufen sie, was für unser Leben so wichtig ist, was wir täglich brauchen und was wir gesichert und bezahlbar haben wollen.
Und was ist, wenn alles verkauft worden ist: Dann werden wir mit höheren Kosten den Nahverkehr, das Wasser, die Wohnungen umso teurer bezahlen müssen.

Und was sind die Folgen der Privatisierung:
  • Bei der Deutschen Bahn - die für die Privatisierung zugerichtet wird, können wir das gut sehen: Personalabbau - Unfälle, ständige Verspätungen werden ergänzt durch immer höhere Preise
  • Im öffentlichen Nahverkehr hat die Ausgliederung von Buslinien zu Lohneinbussen bis zu 30 % geführt
  • In England hat die Privatisierung des Bahnverkehrs zu chaotischen Verhältnissen geführt, die Wasserversorgung ist nach der Privatisierung in einzelnen Regionen nicht mehr gesichert
  • Die Folgen der Privatisierung der Postwohnungen sind bekannt: höhere Mieten und Nebenkosten, schlechte Reparaturen
Also die Erfahrung lehrt: Privatisierung ist allein gut für die Gewinne von Unternehmen, schlecht für die Verbraucher und Benutzer

Attac unterstützt den Protest der Mieter und Kölner Bürger gegen den Verkauf der Wohnungen und das Bürgerbegehren. Wenn über 60.000 Unterschriften einfach übergangen werden sollten, wäre dies ein Armutszeugnis für den Rat und sein Verständnis von Demokratie.


Die soziale Wohnungswirtschaft erhalten

Günter Hennes, Personalratsvorsitzender bei der Bundesanstalt für Straßenwesen, Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di und Mitglied des DKP-Kreisvorstandes Köln

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Genossinnen und Genossen,

zunächst bedanke ich mich, in meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Personalrates bei der Bundesanstalt für Straßenwesen, deren Beschäftigte zu rund 25% das Bürgerbegehren gegen den Verkauf von GAG und Grubo unterstützen, dass ich heute zu Ihnen sprechen kann. In Übereinstimmung mit dem erklärten Willen von über 60.000 BewohnerInnen unserer Stadt, mit unterschiedlicher Nationalität, bringen wir auf der heutigen Kundgebung zum Ausdruck, für die Verteidigung und den Erhalt öffentlichen kommunalen Eigentums, in Form städtischer Anteile an den Wohnungsgesellschaften GAG und Grubo einzutreten.

Auch und gerade gegen den mieter- und beschäftigungsfeindlichen Beschluss des CDU-geführten Stadtrates vom 3. Juli, in dem u.a. zu lesen ist: "Der Rat der Stadt Köln stimmt dem Verkauf der von der Stadt an der GAG gehaltenen Aktien und der an der Grund und Boden GmbH gehaltenen Gesellschaftsanteile grundsätzlich zu." Genau gegen diese kommunale Ausverkaufspolitik des CDU-geführten Stadtrates richtet sich das mit nahezu dreifacher Mehrheit ausgestattete Bürgerbegehren nach §26 der geltenden Gemeindeordnung. Nach der von uns unterstützen Auffassung der Initiatoren dieses Bürgerbegehrens - das im übrigen vom Umfang her in der jüngeren Geschichte unserer Stadt ohne Beispiel ist - sollen die Bewohnerinnen und Bewohner, auf demokratische Weise selbst darüber entscheiden, ob die Eigentumsverhältnisse der Stadt an GAG und Grubo im bisherigen Umfang erhalten bleiben und ob der Ratsbeschluss vom 3. Juli aufgehoben wird.

Werte Anwesende, von der Beantwortung dieser beiden Grundsätzlichen Fragen wird es abhängen, ob der im Rat vertretene Bürgerblock seine privatwirtschaftlichen Interessen zur Enteignung und Aneignung öffentlichen Eigentums, gegen die sozialen Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner nach bezahlbaren Mieten, zeitgemäßer Wohnqualität und wirksamen Mieterschutzrechten, durchsetzen kann. Die jüngste Berichterstattung der lokalen bürgerlichen Medien selbst gibt Auskunft über die Nervosität, mit der insbesondere Rats-Zampano Bietmann offensichtlich versucht, das Bürgerbegehren öffentlich zu diskreditieren und seine Initiatoren gefügig und damit mundtot zu machen: Zögerliche Feststellung der Gültigkeit von Unterstützungsunterschriften durch das Kölner Wahlamt; Gefälligkeitsgutachten mit rechtsbeugend unterstellter Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens; Angebote zu scheinbaren Vermittlungsgesprächen an die Initiatoren des Bürgerbegehrens; dubiose, als repräsentativ aus-gegebene telefonische Blitzumfragen durch das Nürnberger Icon-Institut für Wirtschafts- und Finanzforschung und schließlich der Versuch der CDU-Führung, in der Vorweihnachtszeit auf der Ratssitzung am 20. Dezember das Bürgerbegehren wegen angeblicher Unzulässigkeit zu kippen.

Werte Anwesende, sollten diese Spiegelgefechte eines Winkeladvokaten für potentielle Aufkäufer dennoch zum Ziel einer sog. Privatisierung von GAG und Grubo führen, könnten die sich daraus ergebenen künftigen Belastungen, sowohl für die unmittelbar betroffenen als auch die übrigen BewohnerInnen Kölner Mietswohnungen, ebenso wie die durch Kündigungen bedrohten Beschäftigten dieser Wohnungsgesellschaften, vielfach zu unerträglicher Last werden, um diese nachhaltig asoziale und damit menschenverachtende Politik der CDU vergessen zu machen. In diesem Zusammenhang macht es nicht nur uns nachdenklich, wenn sich die Kölner Gewerkschaftsspitzen zur Frage der Enteignung, von ausschließlich durch die arbeitenden Menschen geschaffenen öffentlichen Eigentums, bisher noch bedeckt halten. Es bleibt also bei unseren Forderungen an die Mitglieder des Kölner Stadtrates, ihrer besonderen sozialen Verantwortung gerecht zu werden und dafür Sorge zu tragen, dass die Anteile an GAG und Grubo im Eigentum der Stadt verbleiben; die öffentliche und soziale Wohnungswirtschaft erhalten bleibt und der Rat der Stadt Köln das Bürgerbegehren gegen den Verkauf von GAG und Grubo anerkennt. In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit!


Schrammas Schlingerkurs

Artilel von Georg Wellmann in der 'taz Köln' vom 29.11.2001

Der Vermittlungsversuch des Oberbürgermeisters, eine politische Lösung im Streit um den Verkauf der städtischen GAG-Aktien herbeizuführen, ist gescheitert. Nun drohen langwierige Prozesse

Als das erwartete "Scheinangebot" bewertete die grüne Fraktionschefin Barbara Moritz das Vermittlungsangebot von Oberbürgermeister Fritz Schramma. Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Norbert Rüther ist der OB-Vorschlag völlig inakzeptabel, sein Parteichef Jochen Ott bezeichnete ihn gegenüber der taz gar als "hahnebüchen".

Schramma hatte SPD und Grünen am Dienstag seinen Kompromissvorschlag im GAG-Streit unterbreitet. Schramma bot an, dass „im Interesse der Mieter“ eine Sperrminorität von 25,1 Prozent der GAG-Aktien in städtischer Hand verbleiben könne. Aber das Bürgerbegehren, an dem sich über 65.000 Kölner beteiligt haben, will er für juristisch unzulässig erklären lassen. Einer entsprechenden Vorlage soll auf der nächsten Ratssitzung am 20. Dezember die CDU/FDP-Mehrheit zustimmen.

Der OB habe weder Einigungswillen gezeigt noch sei er an einer ernsthaften politischen Lösung des Problems interessiert gewesen, bewerteten SPD und Grüne das Treffen. Für Schramma sei "das Thema vom Tisch". Sein Versuch, eine langwierige juristische Auseinandersetzung um die Privatisierung des Wohnungsbaukonzerns zu vermeiden, dürfte sich nun ins Gegenteil kehren. Die Organisatoren des Bürgerbegehrens sowie SPD und Grüne drohen mit Klagen.

Schrammas Vermittlungsversuch war von Anfang an umstritten. Nach Paragraph 26 der NRW-Gemeindeordnung entscheidet nach dem Einreichen eines Bürgerbegehrens der Rat über dessen Zulässigkeit. Nach Einschätzung des Innenministeriums besteht zwar die Möglichkeit, auf dem Verhandlungsweg eine vorzeitige Einigung zwischen Stadt und Organisatoren des Bürgerbegehren zu erzielen. Der Verhandlungsspielraum ist aber gering.

Das zeigt ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 25. September 2001. In dem Rechtsstreit zwischen der Stadt Bad Salzuflen und den Vertretern eines Bürgerbegehrens entschied das Gericht, "dass ein vom Text des Bürgerbegehrens abweichender und vom Rat beschlossener Kompromiss" unzulässig sei. Im Klartext: Die Vertreter der Stadt und des Bürgerbegehrens können nur solche Vereinbarungen treffen, die dem Bürgerbegehren "uneingeschränkt" entsprechen. Das Verhandlungsangebot von Schramma erscheint vor diesem Hintergrund als reine Farce.

http://www.taz-koeln.de