Köln, 28.9.2001 - Kein Krieg! Demonstration des Kölner Aktionsbündnisses gegen Rassismus und KriegHintergrund-Information

Frieden braucht Bewegung

Aufruf zur Kölner Demonstration gegen Krieg und Rassismus am 28.9.2001

Wir alle trauern um die Opfer der Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon.Tausende Menschen sind unschuldig gestorben. Aber zu unserer Trauer kommt große Angst: Angst davor, dass die Regierung der Vereinigten Staaten gemeinsam mit den anderen NATO-Staaten militärische Vergeltungsschläge unternehmen wird, sobald man glaubt, den Schuldigen gefunden zu haben.

Die jetzt diskutierten Vergeltungsschläge sind nicht nur völkerrechtswidrig, sie bedeuten auch eine unkalkulierbare militärische Eskalation. Diese wird unzählige Menschenleben kosten und die Toten von New York und Washington nicht wieder lebendig machen. Es muss stattdessen allein darum gehen, die konkret Verantwortlichen für den Terrorakt juristisch zur Rechenschaft zu ziehen.

Wir denken, dass wir nur dann sicher vor Terrorakten sein werden, wenn die enorme Ungleichheit weltweit abgebaut und damit dem Terrorismus der soziale, wirtschaftliche und politische Nährboden entzogen wird.

Das 'Kölner Aktionsbündnis gegen Krieg und Rassismus' lehnt militärische Vergeltungsschläge als Antwort auf die Terroranschläge strikt ab.

Wir fordern von Bundesregierung und Bundestag, jede militärische und logistische Unterstützung des angekündigten Vergeltungsfeldzugs abzulehnen.

Wir widersetzen uns allen Versuchen, die Situation zu einer neuen Einschränkung der Bürgerrechte zu nutzen, wie z.B.zur weiteren Aushöhlung des Datenschutzes oder gar zum Einsatz der Bundeswehr im Innern. Dies gilt auch für den geplanten Ausbau von Polizei und Geheimdiensten auf europäischer Ebene.

Wir leisten Widerstand gegen die zunehmende Stimmung von Rache und Intoleranz, die auch in unserem Land Rassismus und rassistische Gewalttäter ermutigt. Unser Ziel ist die Globalisierung des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit.

Wir erklären uns solidarisch mit den mutigen BürgerInnen der USA, die eine Antikriegskoalition 'International A.N.S.W.E.R' (Act Now to Stop War & Racism) schaffen wollen und für den 29.9.2001 zu weltweiten Demonstrationen aufrufen.

Wir rufen alle Kölnerinnen und Kölner zur Teilnahme auf an unserer

KUNDGEBUNG UND DEMONSTRATION
am Freitag, 28.9.2001 um 17.00 Uhr auf der Domplatte


Das Kölner Aktionsbündnis gegen Krieg und Rassismus veranstaltet an den Werktagen täglich von 16 bis 18 Uhr eine Mahnwache auf der Domplatte. Es lädt alle, die sich engagieren möchten, zur Mitarbeit ein.

Nähere Informationen unter Telefon 0 22 73 -94 01 86 und 02 21 -53 97 890 sowie im Internet: www.is-koeln.de/friedensforum und www.attac-koeln.de

Spenden bitte auf das Konto des Kölner Friedensforums (Gunnar Flach)Nr.0 246 017 508 bei der Postbank Köln, BLZ 370 100 50 (Stichwort:Aktionsbündnis).

Dieser Aufruf wird unterstützt von: Afghanische Studenten, Gruppe Köln und Bonn; attac-Köln; Deutscher Freidenkerverband, Ortsgruppe Köln; Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Köln; DIDF (Föderation der Demokratischen Arbeitervereine) Köln; DKP Kreis Köln; Förderverein Klagemauer für Frieden und Völkerverständigung; Frauen in Schwarz - Frauen für Frieden Köln; Friedensinitiative Sülz-Klettenberg/Sülz-Klettenberger BürgerInnen für den Frieden; Kölner Friedensforum; Kölner Südstadt für Frieden und Abrüstung. FI Am Eierplätzchen; Linksruck Köln; Migrantinnenverein „Buntes Frauennetzwerk “e.V.; Netzwerk gegen Konzernherrschaft und neoliberale Politik; Öffentlichkeit gegen Gewalt e.V.,Köln; Pax an!Arbeitskreis Frieden Köln; Pax Christi, Gruppe Köln; PDS Kreisverband Köln; PDS-Offene Liste im Rat der Stadt Köln; Radikale Linke Köln; Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW; TÜDAY (Deutsch-Türkischer Menschenrechtsverein e.V.) Köln; Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BDA), Köln

Als Personen schließen sich an: Dr. Reiner Bernstein (Historiker); Ulla Lessmann (Journalistin/Schriftstellerin); Marten Marquardt (Pfarrer); Erasmus Schöfer (Schriftsteller)

vidsp: Elvira Högemann, c/o Kölner Friedensforum, Am Rinkenpfuhl 31, Köln

Quelle: http://www.attac-netzwerk.de/koeln/demo-k.html


Brücken bauen, Gewalteskalation verhindern!

Unterschriftenaktion und Erklärung von Friedensorganisationen

Die Welt droht nach dem 11. September 2001 kälter und kriegerischer zu werden. Mit dem Entsetzen und Mitgefühl für die Opfer und deren Angehörige verbindet sich auch die Furcht, dass die US-Administration nach dieser beispiellos brutalen Terroraktion in der Logik der Gewaltspirale zurückschlägt und neue Eskalationen folgen. Nachzudenken ist auch über die politischen Bedingungen, die es möglich gemacht haben, dass ein Teil der Menschen in einigen Völkern "den Westen" und insbesondere die USA so hasst, dass eine Gruppe von Terroristen anscheinend meint, sich bei ihrem Massenmord auf diese Unterdrückten beziehen zu können. Wir sind mit den Menschen in den USA in ihrem Schock und Leiden uneingeschränkt solidarisch. Das kann aber nicht heißen, mit allen Entscheidungen der US-Regierung im "monumentalen Kampf", den "das Gute gegen das Böse" nach Präsident Bush jetzt zu führen hat, einverstanden zu sein und sich per NATO-Bündnisfall vielleicht an militärischen Racheaktionen zu beteiligen oder sie zu unterstützen. Militärschläge nützen weder den Opfern des Terrors noch sind sie ein geeignetes Mittel zur Verhinderung oder Eindämmung des Terrorismus.

Wir befürchten weiter: Mit den auf dem Verdacht gegen die Gruppe von Osama bin Laden oder andere islamische Fundamentalisten beruhenden Thesen von einer "Kriegserklärung gegen die zivilisierte Welt" (Bundeskanzler Schröder), könnte die bereits schon länger von christlich-abendländischen Fundamentalisten proklamierte Ansicht vom "Kampf der Kulturen" in den westlichen Gesellschaften gefährlichen Zulauf gewinnen. Die Trennung in eine "zivilisierte" und eine "unzivilisierte Welt" vertieft die Gräben.

Es gibt keine Religion, die solche Terrorakte rechtfertigen würde. Jetzt kommt es darauf an, in unseren Gesellschaften keine Feindschaft gegen "den Islam" generell zuzulassen sondern vielmehr Brücken zu bauen.

Gegenüber blankem Terror gibt es keinen hundertprozentigen Schutz. Eine Politik, die den Terrorismus wirksam bekämpfen und eindämmen will, muss ihm den sozialen, politischen und ideologischen Nährboden entziehen, in dem er gedeiht. Ein Klima des Hasses und der Intoleranz und eine Politik, die Gewalt mit Gegengewalt und Gegengewalt mit neuer Gewalt beantwortet, bereitet auch den Boden für neue Terrorakte. Dem Terrorismus durch zivile Maßnahmen und durch die Stärkung des Rechts und der Gerechtigkeit den Boden zu entziehen ist langfristig das bessere Mittel als der Gedanke an Rache und militärische Vergeltung.

Trotz aller Wut und Trauer appellieren wir an die US-Regierung und deren Verbündete, besonnen und nicht mit militärischer Gegengewalt zu reagieren. Dies kann unser Beitrag dafür sein, dass ein weiteres Drehen an der Gewaltspirale verhindert werden kann.


Weltweite Allianz für Frieden, Gerechtigkeit und Demokratie

Rede von Ulla Lötzer , MdB PDS, im Rahmen der Kundgebung vor dem Kölner Dom am 28.9.2001

Liebe Freundinnen und Freunde,

der 11. September hat die Weltpolitik in eine tiefe Krise gestürzt. Und auch ich will zunächst festhalten: Nichts, aber auch gar nichts kann einen solchen Terroranschlag wie in New York entschuldigen, und den Opfern und dem amerikanischen Volk gehört unser tiefes Mitgefühl und unsere Solidarität.

Unsere Solidarität gehört aber auch den Menschen in Afghanistan und Pakistan, die schon jetzt Opfer der Gewaltspirale sind. Schon die Vorbereitung des amerikanischen Angriffs macht die Entwicklung der Gewaltspirale deutlich. Flüchtlingsströme, eine Ausweitung der Hungerkatastrophe in Afghanistan, Straßenkämpfe in Pakistan. Die Lage ist bereits eskaliert, und diese Völker sind bereits Opfer der Gewaltspirale, die es zu durchbrechen gilt. Das sind die auch Menschen in Palästina und Nahost, die seit 40 Jahren Gewalt und Krieg ausgesetzt sind. Meine Solidarität gehört auch ihnen und meine Hochachtung Arafat, der in dieser Situation die Spirale der Gewalt durchbrochen hat, sowie Peres, der gegen Scharon Friedensgespräche durchgesetzt hat.

Viele Menschen, auch hier, haben Angst vor kriegerischer Eskalation, zu Recht. Denn hier stehen sich zwei Seiten gegenüber, deren Aktivitäten den Weltfrieden bedrohen. Das ist Bush und die Nato auf der einen Seite. Bush, der den langanhaltenden Feldzug gegen den Terror verkündet und die Welt in Freunde und Feinde einteilt. "Jedes Land in jeder Region muss sich jetzt entscheiden - entweder es steht an unserer Seite oder an der Seite der Terroristen," verkündete er in seiner Rede. Das ist die Fortsetzung der arroganten unipolaren Weltordung, die auch Nährboden des Terrorismus ist. Die Gefahr ist groß, dass die Forcierung dieser Politik Menschen auf die Seite der Terrornetzwerke treibt. Wer hier, wie Rot-Grün, noch immer die uneingeschränkte Solidarität übt, wird seiner Verantwortung für Frieden nicht gerecht.

Das sind die Terrornetzwerke, Osmin bin Laden und auch die Taliban, die auf der anderen Seite den Krieg des Islam gegen den Rest der Welt wollen. Wer auch immer diesen Anschlag vorbereitet hat, wusste, was er tut und kannte die Reaktion nicht nur, sondern wollte sie auch. Osmin bin Laden und die Taliban, die in den letzten Tagen zum heiligen Krieg aufgerufen haben und ihn in Pakistan bereits begonnen haben, auch sie gefährden den Weltfrieden und setzen darauf, dass ihnen die Solidarität mit den unschuldigen Menschen in Afghanistan, die Angriffe auf Muslims in aller Welt, die Unterstützung dafür zutreiben.

Deshalb brauchen wir Antworten auf beide, Antworten, die nicht nur vor der Gewaltspirale warnen, sondern eine friedenspolitsche Lösung der Probleme ermöglichen.

Es müssen Antworten sein, die den Nährboden aus Ohnmacht. Verzweiflung und Demütigung, der beiden Seiten die Menschen zutreibt, beseitigen.

Das heißt: endlich eine friedenspolitische Antwort in Nahost Die EU hat hier eine Verantwortung, eine Politik der Konfliktlösung zu betreiben, die einer Strategie der Isolierung der Palästinenser als Terroristen entgegenwirkt.

Das heißt eine demokratische Antwort auf den Terrorismus. Seit langem gibt es UN - Konventionen gegen Terrorismus, die nicht ratifiziert sind. Seit langem fordern blockfreie Staaten eine Konferenz gegen Terrorismus. Diese friedlichen, demokratischen Lösungsansätze wurden bisher von den USA abgelehnt. Es darf aber nicht der USA und der Nato überlassen bleiben, festzulegen, was Terrorismus ist, wie mit den Netzwerken umgegangen wird, wer die Staaten sind, die Terrorismus unterstützen und wie gegen sie vorgegangen wird. Deshalb meine ich, eine UN - Vollversammlung, die über die akuelle Lage und Auswege daraus berät und Schritte dazu festlegt, wäre meiner Meinung nach erforderlich.

Die Verantwortlichen für den Anschlag müssen gefunden und bestraft werden. Deshalb unterstützen wir Druck auf die Staaten, sie auszuliefern. Sie gehören vor einem internationalen Gerichtshof .

Und wir brauchen schnell Schritte in Richtung einer gerechten und demokratischen Weltordnung und Weltwirtschaft. Eine Politik, die die Polarisierung der Armut und des Elends zwischen den Ländern und innerhalb aller Länder vorantreibt; eine Politik, die durch Ignoranz gegenüber den Opfern dieser Entwicklung gekennzeichnet ist, eine Politik, die die davon Betroffenen von den Entscheidungen ausschließt, ist ungerecht und schafft den Nährboden, auf dem sich aus Ohnmacht Terror und Unterstützung für Terror entwickeln.

In erster Linie setzt das jetzt schnell Schritte zur Unterstützung der Entwicklungsländer voraus. Massive Entschuldung und eine Erhöhung der Entwicklungshilfe sind gefragt. Schritte zur demokratischen Regulation der Finanzmarktakteure, zur Stabilisierung der Finanzmarktentwicklung gegen Krisen und zur Umverteilung des Reichtums, sind gefordert, nicht nur die Bekämpfung der Finanzierung des Terrors.

Eine Evaluation der Ergebnisse der Welthandelsrunden hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die soziale Situation, die Menschen- und ArbeitnehmerInnenrechte und auf die Entwicklung muss her, nicht die Forcierung der Liberalisierung des Welthandels durch eine neue Runde, wie die EU und Bundesregierung weiter betrieben.

Wir brauchen eine Demokratisierung der Entscheidungen über die Weltwirtschaft, die die demokratische Partizipation der Entwicklungs- und Schwellenländer, der Parlamente und der zivilgesellschaftlichen Organisationen ermöglichen, statt auf Regierungskonferenzen der G8 die Leitlinien der Politik festzulegen, der sich alle Welt nur noch zu beugen hat.

Doch all diese Schritte geht Rot- Grün nicht. Zwar reden auch sie davon, dass die beste Lösung gegen Terrorismus eine sozial gerechte Weltordnung sei. Doch der Militärhaushalt wird erhöht, der Entwicklungshilfehaushalt reduziert. Seit ihrem Amtsantritt betreiben sie die Militarisierung aller Konfliktlösungen.

Unsere Antwort darauf kann nur eine weltweite Allianz für Frieden, Gerechtigkeit und Demokratie sein.


Links

Kölner Aktionsbündnis gegen Krieg und Rassismus
Friedenskooperative
Friedenspolitischer Ratschlag
www.antimilitarismus.de
Website zu Krieg und Frieden, Ökonomie und Politik
Informationsstelle Militarisierung IMI e.V.
Pax An - Arbeitskreis Frieden Köln
Kölner Friedensforum
Friedensbildungswerk Köln