Düsseldorf, 7.4.2012 - "Nein zu Krieg, Atomrüstung und innerer Militarisierung – nein zur NATO" - Ostermarsch Rhein/RuhrBilder

Medien kontrollieren nicht die Macht, sie sind Teil von ihr

Rede von Karin Leukefeld (Nahost-Korrespondentin)

Wir leben in einer gefährlichen Zeit. Kriegstrommeln werden gerührt. Stimmen für Dialog und Frieden werden denunziert und niedergemacht. Das internationale Völkerrecht wird missachtet und verkommt. Kriegstreiber und Waffenhändler haben das Sagen Und werden gestärkt von Medien, der so genannten „4. Macht“.

Anstatt die politische Macht und ihren Apparat zu kontrollieren, Anstatt Unrecht, Heuchelei und Lüge aufzuzeigen und alle Seiten zu Wort kommen zu lassen, damit die Öffentlichkeit sich ein Bild machen und verstehen kann, begleiten Medien wie die Kriegstrommler und Trompeter früherer Heere die neuen Beutezüge der westlichen Welt.

Im Wettlauf mit den so genannten ‚sozialen Medien’ feuern herkömmliche Medien – nicht alle, aber zu viele – Konflikte an, anstatt sie zu hinterfragen. Mit einseitiger Berichterstattung, ungeprüften angeblichen Fakten und dem Verschweigen bekannter Tatsachen drängen sie zum Handeln, anstatt Ereignisse transparent zu machen.

Medien kontrollieren nicht mehr die politische Macht, sie sind Teil dieses Machtapparats geworden.

Sie trommelten zum Krieg gegen Afghanistan
Sie trommelten zum Krieg gegen den Irak
Sie trommelten zum Krieg gegen Libyen und heute
trommeln sie zum Krieg gegen Syrien und gegen Iran.

Der westliche Blick auf die Geschehnisse im Mittleren Osten ist häufig getrübt. In der arabischen Welt selbst, wo ich als Korrespondentin arbeite, in Asien, Afrika und Lateinamerika ist der Blick anders, vielfältig und vor allem offen.

Man erinnert sich daran, dass Juden, Christen und Muslime dort Tür an Tür lebten und gemeinsam eine einzigartige Kultur formten. Man erinnert sich an die Kreuzzüge des Mittelalters, an Jahrhunderte osmanischer Besatzung der arabisch-islamischen Welt. Man erinnert sich an Jahrzehnte von Bevormundung und Unterdrückung durch Frankreich und Großbritannien, die nach dem Ende des 1. Weltkrieges den Irak, Syrien und das historische Palästina unter sich aufteilten und ungefragt neue Grenzen zogen. Man weiß, dass die arabischen Staaten die Gründung des Staates Israel ablehnten. Man spricht über die Besatzungsmacht Israel, die unfähig und unwillig ist, Frieden mit ihren Nachbarn zu schließen, bewaffnet ist bis an die Zähne, die das Völkerrecht verhöhnt.

Und man sieht die energiehungrigen Industriestaaten in Ost und West, die gierig nach den Rohstoffen der Region greifen. Während Russland, China und Indien ihre Bedürfnisse durch Handelsabkommen sichern wollen, greifen die USA und ihre Bündnispartner in der NATO militärisch durch, um Rohstoffe und ihre geostrategischen Interessen abzusichern.

Unter dem Vorwand von Menschenrechten wurde der Sudan zerteilt, Somalia zerstört, Jemen zu einem Schlachtfeld mit Al Khaida aufgerüstet. Der Irak wurde unter falschen Vorwänden überfallen und zerstört, wie Libyen im vergangenen Jahr. Wie heute Syrien und morgen der Iran?

Syrien, das in seiner langen Geschichte für Hunderttausende Flüchtlinge – Tscherkessen, Armenier, Palästinenser, Sudanesen, Iraker – zu einer neuen Heimat wurde. Das Frieden mit seinen Nachbarn sucht, doch auf seinem Recht beharrt, die von Israel annektierten Golanhöhen zurückzubekommen.

Ja, es gibt berechtigte Forderungen der Syrer nach Demokratie und Bürgerrechten. Sie wollen ihr Land friedlich verändern, wie mir unzählige Gesprächspartner in Syrien versicherten. Sie lehnen bewaffnete Gewalt ab, egal von welcher Seite. Doch werden diese Stimmen kaum gehört in dem Getöse, das westliche Politik und Medien veranstalten.

Es ist noch nicht lange her, da war West-Deutschland Frontstaat in einer bipolaren Weltordnung gegen den Osten. Nach dem Zerfall des so genannten Ostblocks und der deutschen Wiedervereinigung vor mehr als 20 Jahren stand Deutschland mit den USA auf dem Siegerpodest. Heute ist Deutschland mit 11 Prozent Anteil am Weltmarkt nicht nur der drittgrößte Waffenexporteur weltweit, mit der Waffe der Sanktionen führt Deutschland Wirtschaftskriege in aller Welt. Auf die betroffenen Staaten wirken Sanktionen wie die Belagerung einer Stadt im Mittelalter. Sie schnüren dem Land wirtschaftlich, politisch und sozial die Luft ab. Ziel ist nicht, der Bevölkerung zu helfen, Ziel ist immer, eine nicht genehme politische Führung zu zwingen, den Willen derjenigen zu erfüllen, die die Sanktionen verhängen.

31 Länder stehen auf der Liste der EU Sanktionen, selbst gegen Al Khaida wurde ein „Waffenembargo, Einreiseverbote und die Beschlagnahme der Finanzen verhängt“, wie die SZ kürzlich berichtete.

In weniger als einem Jahr verschärfte die EU 13 Mal die Sanktionen gegen Syrien. Das Ölembargo führte direkt zu einem Mangel an Heizöl, was die Syrer im Winter schmerzlich vermissten. Selbst Länder, die syrisches Erdöl kaufen oder Firmen, die Öltransporte ausführen und versichern, sollen bestraft werden.

Sanktionen treffen immer die Bevölkerung, sie zerstören die wirtschaftliche und soziale Struktur eines Landes, was im Irak nach 13 Jahren UN-Sanktionen gut zu sehen war. Irak, einst Vorbild im Mittleren Osten für Bildung und Gesundheitsversorgung, ist heute ein hochkorrupter Staat. Sanktionen fördern Korruption und Schwarzhandel. Somalia, Myanmar, Afghanistan und Irak sind nach Transparency International die korruptesten von 178 gelisteten Staaten, gegen alle vier Staaten haben die Westmächte Sanktionen verhängt.

Es gibt keinen völkerrechtlich anerkannten Mechanismus, sich gegen Sanktionen zu wehren. Umgekehrt aber können Staaten und Firmen, die Sanktionen missachten, wirtschaftlich ebenfalls bestraft werden. Dieses bösartige Kampfmittel wird zumeist gegen Entwicklungsstaaten angewandt, die ohnehin wirtschaftliche Probleme haben und auf Im- und Export angewiesen sind.

Sanktionen fördern Konflikte, anstatt sie zu lösen. Sanktionen bereiten Kriege vor und müssen - wie Waffenexporte - hier gestoppt werden, in Deutschland und Europa, von wo sie ausgehen!

Wie alle Menschen auf der Welt haben auch die Syrer ein Recht auf Demokratie und Entwicklung, auf Bürgerrechte und Freiheit. Und sie haben das Recht, ihre Zukunft selber zu bestimmen. Mit der Militarisierung ihres inneren Konflikts, mit der Aufrüstung zweifelhafter Aufständischer durch Saudi Arabien und Katar, die selbst Oppositionelle bedrohen, wird den Syrern dieses Recht aus den Händen genommen.

Und wer sagt, dass politische Veränderungen nicht auch langsam und allmählich erreicht werden können, wenn ein Volk es wirklich will? Die Demokratisierung Europas hat Jahrhunderte gedauert und ist längst nicht abgeschlossen!

Ich möchte zum Schluss an den Schwur von Buchenwald erinnern, der auch 67 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs hoch aktuell ist. Am 19. April 1945 schworen die überlebenden Gefangenen des Konzentrationslagers Buchenwald: Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Fast 70 Jahre nach diesem Schwur sind wir weit von diesem Ziel entfernt.

Alle Friedensbewegten müssen weiterhin – und nicht nur an Ostern - aufstehen und streiten für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit. Damit auch Deutschland dort ankommt, wo der einzige Platz für Deutschland ist, wenn es die Lehren aus zwei Weltkriegen gelernt hat: in den Reihen einer weltweiten Friedensbewegung. Ohne Militarisierung, ohne Heuchelei und ohne Bevormundung.

Im Sinne des Völkerrechts und der Selbstbestimmung der Völker gilt damals wie heute: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!


Kriegsgefahr droht auch aus Nordrhein-Westfalen

Rede von Ulrich Sander (VVN-Bundessprecher)

Liebe Ostermarschiererinnen und Ostermarschierer, verehrte Anwesende, Angela Merkel, die CDU-Vorsitzende, sagte in ihrer Rede auf der sog. Münchener Sicherheitskonferenz 2004: “Um die Politik anderer Nationen zu beeinflussen, um den Interessen und Werten der eigenen Nation zu dienen, müssen alle Mittel in Betracht gezogen werden, von freundlichen Worten bis zu Marschflugkörpern.“

Und die von ihrer Regierung abgesegneten Verteidigungspolitischen Richtlinien bezeichnen die Streitkräfte als notwendig für die Gewährleistung der außenpolitischen Handlungsfähigkeit Deutschlands“. Da sind Leute am Werk, die sich Außenpolitik fast nur noch militärisch vorstellen können.

Die Außenpolitik unseres Landes weicht erheblich ab vom Grundgesetz unseres Landes. Dies verbietet Angriffskriege und erlaubt nur Streitkräfte zur Verteidigung. Doch weit und breit gibt es keine Gefahr, dass unser Land angegriffen werden könnte und verteidigt werden müsste. Die Gefahr geht von unserem Land aus, das sich an Angriffskriegen beteiligt und weitere vorbereitet. So in Afghanistan seit 2001 – und ein Ende ist nicht in Sicht.

Daran ändert auch die Bundeswehrreform nichts – im Gegenteil, diese dient dazu, die Truppe immer effektiver zu machen. Sie wird nicht billiger und nicht kleiner. Anstelle der Wehrpflichtigen stehen hunderttausende Reservisten bereit, die im Rahmen einer Militärisch-zivilen Zusammenarbeit jederzeit die Truppen zum Einsatz im Inneren und Äußeren auffüllen können. Ja auch im Innern, zum Streikbruch zum Beispiel im öffentlichen Dienst und zum Vorgehen gegen Demonstranten wie wir es in Heiligendamm im Jahr 2007 erleben mussten.

Zugleich geht von unserem Land auch die Kriegsgefahr durch immer weiter um sich greifende Rüstungsproduktion und die Ausfuhr dieser Mordinstrumente aus.

Und diese Gefahr geht auch von Nordrhein-Westfalen aus. Hier befinden sich die großen Rüstungsschmieden Thyssen/Krupp und Rheinmetall. Hier befindet sich die Zentrale der Zivilmilitärischen Zusammenarbeit in Köln und hier ist in diesem Jahr das Luftwaffen-Führungshauptquartier in Kalkar in Dienst gestellt worden, von wo aus künftig die Luftkriege der Nato geführt werden können, solche wie in Libyen, wo die Nato half, das eine Gewaltregime gegen ein anderes auszutauschen, auf dass der Zugang des Westens zum libyschen Öl bestehen bleibt. Unzählige Opfer sind zu beklagen.

Wir stehen vor Landtagswahl in NRW. Wir als Friedensbewegung sind aufgefordert, auch mit friedenspolitischen Themen in die politische Auseinandersetzung in unserem größten und bevölkerungsreichsten Bundesland einzugreifen.

Hunderttausendfacher Protest hat einst in Kalkar am Niederrhein dafür gesorgt, daß dort keine atomarer Schneller Brüter entstand. Es gibt Grund, wieder in großer Zahl dort zu protestieren.

Bundeswehrführung und NATO haben in Kalkar – ohne viel Aufsehen zu erregen – das Hauptquartier für Luftkriegsoperationen aufgebaut. Eingreiftruppen in aller Welt können von nun an von der von-Seydlitz-Kaserne aus kommandiert werden. Es wäre ein Krieg von deutschem Boden aus, ein Krieg, der auch unser Land zum Kriegsschauplatz macht.

Wir Ostermarschierer vom Rhein und von der Ruhr brachten es in unserem Aufruf für die diesjährigen Aktionen auf den Punkt: „Durch das ungehemmte Vorgehen der NATO werden das Völkerrecht und die weltweite Friedensordnung verletzt. Die Gefahr von Kriegen steigt, die Welt wird unsicherer. NATO-Kriegseinsätze werden auch von Nordrhein-Westfalen aus gesteuert, so durch das der NATO unterstellte Luftwaffen-Führungshauptquartier in Kalkar.“ Raus aus der NATO muss daher die Forderung lauten.

Von Kalkar aus wird zunächst der Luftraum nördlich der Alpen observiert. Auch das Kommando für den neuen NATO-Raketenabwehrschild wird in Deutschland errichtet: Auf dem NATO-Stützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein, 380 Kilometer von Kalkar entfernt. Dann wird die NATO-Truppe vom deutschen Ramstein aus den Raketenschild gegen neue Mittelstreckenraketen kommandieren. Kommt einem das nicht irgendwie bekannt vor? Ja, die Wiederholung der Kriegsrhetorik aus der Zeit von Helmut Schmidt und Helmut Kohl ist keine beruhigende Sprache etwa für Rußland. Kalkar und später Ramstein werden sich im Fadenkreuz der angeblich „uns bedrohenden Mittelstreckenraketen“ befinden. In Wirklichkeit soll von hier aus der ganze Nahe Osten und die ehemalige Sowjetunion bedroht werden.

Die NATO spielt Krieg, und in Kalkar wird er auf dem Reißbrett geplant und gesteuert. Es bedurfte der aufmerksamen Lektüre der Lokalseite aus Kalkar der Neuen Rhein/Ruhrzeitung aus der WAZ-Gruppe, um zu erfahren, was auf der von dort aus gesteuerten NATO-Herbstübung geschah: In einem Bericht des kommandierenden Generals hieß es: „Eine gestohlene, mit Sprengstoff beladene Cessna hatte Kurs auf die Hauptstadt ge­nommen.“ Und er kommt nach einigen Erklärungen über „Abdrängversuche“ und „Warnschüsse“ auf den Punkt. „Wir haben sie abgeschossen. Letztlich habe ich den Befehl dazu gegeben.“

Es war ein illegaler Befehl, ein Verfassungsbruch. Über solche Übungen ist zu sagen: Die Piloten müssen wissen: Ein Befehl zum Abschuss ist der Befehl zu einem Verbrechen, zum rechtswidrigen Totschlag. Der einem solchen Befehl folgende Pilot sollte sich anschließend vor einem Schwurgericht wiederfinden. Es gibt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz mit der Bekräftigung des Artikels 1 des Grundgesetzes, zum Recht auf Leben und zum Verbot von Abschüssen von Zivilflugzeugen durch Kampfjets.

Doch zu oft verweigerte die Bundeswehr schon den Gehorsam gegenüber der Verfassung. Wir sind zur Wachsamkeit gegenüber der Nato und der Bundeswehr aufgefordert. Wir sagen Nein zur Raketenabwehrnachrüstung und zum Luftwaffen-Führungshauptquartier, wie auch zum Einsatzführungskommando für die Zivilmilitärische Zusammenarbeit.

Große Aufregung herrscht hierzulande über die dramatische Warnung von Günter Grass vor einem Atomkrieg. Er sieht die Gefahr dafür in der Politik der gegenwärtigen israelischen Regierung gegeben, die über Atomwaffen verfügt, anders als die Regierung des Iran. Die sich eskalierende Kriegsdrohung gegen den Iran kann dazu führen, dass diese in einen atomaren Erstschlag, in das Inferno, in die Vernichtung von Millionen Menschen einmündet. Der Schriftsteller und Vorsitzende des P.E.N.-Zentrums Deutschland Johano Strasser hat dazu in einer Erklärung, die sich angenehm abhebt von den wütenden Angriffen von Medien und Politikern gegen Grass, das folgende ausgesagt:

„Kritik an der Politik der israelischen Regierung ist natürlich kein Antisemitismus. Dann müsste man ja mehr als die Hälfte der israelischen Bürger zu Antisemiten erklären. Ich wünsche dringend, dass der Staat Israel ein historischer Erfolg wird. Ich bin aber besorgt darüber, dass die Politik, die die jetzige Regierung macht, nie zu einem Frieden führen wird. Zu glauben, es gäbe ein Recht auf präventiven Krieg, weil vermutet wird, dass der Iran an der Entwicklung einer Atombombe arbeitet, halte ich für abenteuerlich. Ich bin mit der amerikanischen und der deutschen Regierung und mit Günter Grass der Meinung, dass ein Präventivschlag nicht zulässig ist.“

Ich stimme dieser Erklärung des Vorsitzenden des P.E.N.-Zentrums zu - mit einer Einschränkung. Die deutsche Regierung hat die israelische Regierung zwar kürzlich wissen lassen, dass sie in der Auseinandersetzung mit dem Iran diplomatische Bemühungen einem Krieg derzeit vorzieht. Sie hat aber auch angekündigt, Israel weiter mit U-Booten zu beliefern, die einem Krieg in der Nahostregion dienen. Günter Grass hat zwei Punkte ausgesprochen, die hier zu unterstreichen sind:

1. soll „ein weiteres U-Boot nach Israel geliefert werden, dessen Spezialität darin besteht, alles vernichtende Sprengköpfe dorthin lenken zu können, wo die Existenz einer einzigen Atombombe unbewiesen ist.“

Und 2. fordert Günter Grass etwas sehr vernünftiges, „daß eine unbehinderte und permanente Kontrolle des israelischen atomaren Potentials und der iranischen Atomanlagen durch eine internationale Instanz von den Regierungen beider Länder zugelassen wird.“

Warum wird nur die Überprüfung der Atomanlagen des Iran von den Regierungen verklangt, warum nicht auch die Kontrolle des israelischen Atomwaffenarsenals? Warum verlangt man nicht den Beitritt Israels zum Atomwaffensperrvertrag, dem der Iran beigetreten ist? Und warum wird nicht endlich eine Konferenz zur Schaffung eines atomwaffenfreien Nahen Ostens einberufen? Warum tritt unser Land nicht ein für den Abschluss eines Nichtangriffspakts zwischen Iran und Israel?

Und schließlich: Warum sichert die Bundesregierung nicht endlich zu, den Abzug der Atombomben zu verlangen und zu erreichen, die auf deutschem Boden lagern? Für eine atomwaffenfreie Welt. Das ist nach wie vor die Losung des Ostermarsches.

Zu den U-Booten-Produktionen und der Rüstungsproduktion in unserem Land möchte ich noch näher eingehen. Auch hier ist der Stopp zu verlangen. Ich weise darauf hin:

Der Rüstungskonzern Rheinmetall AG mit Sitz in Düsseldorf ist das achtgrößte europäische Rüstungsunternehmen. Im zivilen Bereich ist er auch Zulieferer für den Automobilbau – wenngleich auch Automobile für die Rüstung gebaut werden. Rheinmetall hat in zwei Weltkriegen am Rüsten und Morden verdient. Während des Zweiten Weltkriegs arbeiteten zahlreiche Zwangsarbeiter in den Rheinmetall-Betrieben. Heute ist Rheinmetall wieder führend bei der Schaffung von Tötungsmaschinen. Über 3 Mio. Aktien von Rheinmetall wurden ausgegeben, hunderttausende Aktienbesitzer profitieren vom kriegerischen Handwerk des Konzerns. An der Stellung Deutschlands als führender Waffenexporteur weltweit hat Rheinmetall einen großen Anteil.

Dies kann auch von den Thyssen- und Krupp-Nachfolgern gesagt werden. Thyssen und Krupp waren führend in der Finanzierung der Nazis und bei der Rüstung Deutschlands in zwei Weltkriegen. Mit dem heutigen Nachfolger ThyssenKrupp entstand ein neuer Rüstungsgigant, der die verhängnisvolle Tradition seiner Vorläufer fortsetzt, obgleich z.B. die Herren Alfried Krupp und Berthold Beitz dereinst zusicherten, nie mehr für den Krieg produzieren zu wollen. Seine Spezialitäten: U-Boote und Marine-Überwasserschiffe.

Zusammen mit Krauss-Maffei Wegmann, zuständig für die Panzerproduktion, und anderen Rüstungskonzernen hat sich die Bundesrepublik den zwielichtigen Ruhm erworben, im Rüstungsexport an dritter Stelle in der Welt zu stehen. Hemmungslos werden die todbringenden Waffen auch an Diktaturen zur Unterdrückung der eigenen und der Nachbarvölker sowie in Spannungsgebiete geliefert.

Der Schwur der Überlebenden in den Zwangsarbeiterlagern von Rheinmetall, Thyssen und Krupp nach ihrer Befreiung war eindeutig: Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus. Das war auch die Losung der Gewerkschaften. In sie setzen wir große Erwartungen. Sie sollen sich gegen Rüstungsproduktion und für die Umwandlung dieser Produktion in eine Friedensproduktion einsetzen.

Sie mögen sich der Forderung nach einem strikten Waffenembargo gegen alle Staaten der Krisenregion Naher und Mittlerer Osten anschließen. Die geplante Lieferung von 270 Kampfpanzern Leopard II an Saudi-Arabien und atomwaffenfähigen U-Booten an Israel muss gestoppt werden. Mit der Kampagne „Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ sollen Aktionen am Standort der Rüstungsindustrie – also auch in Düsseldorf – durchgeführt werden. Wir rufen besonders die IG Metall zum Mithandeln auf.

Zugleich engagieren wir uns entschieden, wenn Neonazis den 1. Mai der Gewerkschaftsbewegung angreifen oder den Antikriegstag 1. September stören. Sie erweisen sich wie in der Geschichte als die größten Gewerkschaftsfeinde. Sie gehen am 1. September unter der Losung „Nie wieder Krieg“ – aber sie fügen hinzu „nach unserem Sieg!“ Wir sind sehr empört, wenn uns der NRW-Innenminister die Losung „Faschismus ist keine Meinung – Faschismus ist ein Verbrechen“ verbieten will, weil er den Nazis das Recht auf ihre Hasspropaganda zugestehen und uns das Recht auf unsere antifaschistische und antimilitaristische Aufklärungsarbeit verweigern möchte. Zugleich setzt er die Beobachtung der Linken – nicht nur der Partei dieses Namens – durch den Verfassungsschutz fort. Das ist derselbe Verfassungsschutz der große Mitschuld an den Morden des faschistischen mörderischen NSU trägt. Wir fordern: Stopp die Nazis, verbietet die NPD und löst den Verfassungsschutz auf. Auch darüber ist in diesem Wahlkampf zu sprechen.

Frau Merkel will mit Marschflugkörpern ihre Politik durchsetzen. Bundeskanzler Gerhard Schröder tönte am Silvestertag 2003 in die deutschen Wohnzimmer hinein: „Manchmal können wir mit Spenden helfen, manchmal müssen wir Soldaten einsetzen“. Willy Brandt hat gesagt: Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist nichts ohne Frieden. Wir halten es mit Willy Brandt.