Basel, 30.1.2010 - "Das andere Davos" - Gegenveranstaltung zum Weltwirtschaftsforum in DavosBilder

"Widerstand zeichnet Konturen einer anderen Welt"

Aufruf zur 10. Ausgabe der Gegenveranstaltung zum Weltwirtschaftsforum "Das Andere Davos 2010"

2007 ist die erste grosse Krise des globalisierten Kapitalismus ausgebrochen. 2008 und anfangs 2009 zögerten die Massenmedien und die Internationalen Institutionen der Herrschenden nicht, Vergleiche mit der Grossen Depression von 1930 anzustellen. Die Staaten der Herrschenden unterstützen Banken, Versicherungen und Konzerne mit Hunderten von Milliarden Dollars. Diese gigantische Sozialisierung privater Verluste wird letztlich auf die Rechnung der lohnbhängigen SteuerzahlerInnen gehen. Und morgen werden die Sozialausgaben weiter gekürzt, um die «öffentlichen Defizite» zu senken.

Ende 2009 spricht die Presse von einer wirtschaftlichen Erholung, die allerdings noch schwach sei. In der Tat: Die Erwerbslosigkeit erreicht bereits historische Höchstwerte. Und für 2010 sieht es noch schlechter aus. Ausserdem werden in den offiziellen Statistiken die Menschen vergessen, die auf die Suche nach einem Job «verzichtet» haben oder unter prekären Bedingungen zu Armutslöhnen arbeiten.

Die Regierungen und Internationalen Institutionen (OECD, Weltbank, IWF) setzen auf «Bildung» - in ihrem angeblichen Kampf gegen Armut und Erwerbslosigkeit und um die «Wettbewerbsfähigkeit» der Länder zu sichern. Deshalb werden die Bildungssysteme sozial immer selektiver gemacht und den bornierten Interessen der «Wirtschaftsführer» angepasst.

Das wirkliche Wesen der Systemkrise wird noch deutlicher sichtbar, wenn wir auch die Umweltzerstörung – von der die ärmsten Teile der Weltbevölkerung am meisten betroffen sind – und die Hungers- und Versorgungsnotstände (Wasser, Hygiene usw.) – denen über 2 Milliarden Menschen ausgesetzt sind – in den Blick nehmen. Zu diesen Katastrophen kommen die Kriege hinzu, die die imperialistischen Mächte führen (gegen Irak, Afghanistan, Pakistan) oder instrumentalisieren (in Afrika).

Und nun treffen sich im Januar 2010 in Davos die tatsächlichen Verantwortlichen für diese Krise und wollen über den «Zustand der Welt» debattieren, um diese «neu zu denken, neu zu zeichnen und umzubauen». Das ist zunächst einmal ein Eingeständnis, wie es um ihre Welt steht. Vor allem aber ein Zeichen der Arroganz derjenigen, die der Welt auf der Basis ihrer tödlichen Eigeninteressen einen neuen «Look» geben wollen, nachdem sie uns in die Katastrophe geführt haben. Das zeigt sich bereits heute von Neuem. Denn ihre «Antwort» auf die Krise besteht nur aus einer Verschärfung der verschiedenen Formen von Ausbeutung und Unterdrückung. Der globalisierte Kapitalismus – basierend auf privater Aneignung des Reichtums, globalisierter Tyrannei der Vermarktung aller Dinge und Menschen und Konkurrenz zwischen den Grosskonzernen – kann nicht ohne ein entsprechendes Herrschaftssystem existieren, das die Grundrechte der Menschen und ganzer Bevölkerungen permanent in Frage stellt.

Doch bereits heute wird eine andere Welt gedacht, gezeichnet und gebaut. Dies geschieht durch vielfältige Formen von Widerstand, Kampf und Ablehnung, und auf der Grundlage von Gegenvorschlägen, die zumindest ansatzweise die Frage nach einer anderen, radikal und wirklich demokratischen Gestaltung der Welt aufwerfen. So wird die Unterwerfung des Planeten unter die Interessen der Oligarch(i)en in Frage gestellt.

Das Andere Davos will denjenigen Menschen das Wort geben, die diese Bewegungen und Prozesse tragen. Dadurch soll ein richtiges Forum entstehen, an dem sich insbesondere Menschen aus folgenden Zusammenhängen treffen, zusamenschliessen und diskutieren: Männer und Frauen, die auf eine neue Art gewerkschaftliche Basisarbeit machen und dabei die verschiedenen Facetten der Ausbeutung und Unterdrückung berücksichtigen; Migranten und Migrantinnen in Europe und den USA, die für ihre Rechte und gegen die Polizeistaaten ankämpfen; Frauen, die durch ihre eigenen Initiativen die patriarchalen Ordnungssysteme in Frage stellen; Sprecher und Sprecherinnen der Bevölkerungen im Süden, die sowohl gegen die imperialistischen Mächte als auch gegen die Kräfte in ihren Ländern kämpfen, die sie von jeder kollektiven Gestaltung der Zukunft ausschliessen wollen; sowie Aktivisten und Aktivistinnen der Antikriegsbewegung, vor allem mit Bezug auf den Irak, Afghanistan, Pakistan und Palästina.