Berlin, 26.2.2005 - "Das Erbe des Widerstands bewahren" - Antifaschismuskonferenz der DKP BerlinBilder

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Artikel von Hans Daniel in junge Welt, 28.02.2005

DKP-Konferenz diskutierte Geschichte des Widerstandes gegen den Faschismus gestern und heute. Aufruf zur Verhinderung des neofaschistischen Aufmarsches am 8. Mai in Berlin

Zwei aktuelle Tageslosungen hatte die Berliner Organisation der DKP als Motto für eine Konferenz zusammengefügt, zu der sie am Wochenende eingeladen hatte: »Das Erbe des antifaschistischen Widerstandes bewahren – Gegen Neofaschismus und Geschichtsverfälschung«. Erfreulicherweise verlief die Diskussion nicht so plakativ. Ein Verdienst vor allem der eingeladenen »Sachverständigen«: der Kommunist Peter Gingold, mit 84 Jahren einer der wenigen noch lebenden Zeitzeugen des aktiven Widerstandes gegen den Faschismus, der Historiker Prof. Kurt Pätzold, ein ausgewiesener Faschismusforscher, und Ulla Jelpke, seit Jahren aufmerksame Beobachterin der Rechtsentwicklung nicht nur in der BRD.

Gingolds Vortrag beschäftigte sich mit den Jahren des Kampfes der deutschen Kommunisten gegen den aufkommenden Faschismus und deren Widerstand gegen den Faschismus an der Macht. Ein lebendiger, nicht unkritischer Beitrag über die Politik der KPD im Vorfeld der Machtübertragung an Hitler. Er überzeugte vor allem dadurch, daß Peter Gingold an dieser Entwicklung in Deutschland und dann nach seiner Flucht vor der Gestapo in den Reihen der französischen und italienischen Widerstandsbewegung unmittelbar bis zur Zerschlagung des Faschismus teilgenommen hat. Verständlich daher seine Verbitterung darüber, daß heutige Geschichtsschreibung diesen Kampf marginalisiert, ihn unterbuttert in die umfassenden Versuche, Kommunismus und Faschismus auf eine Stufe zu stellen.

Kurt Pätzold, Autor zahlreicher Veröffentlichungen über die Geschichte des deutschen Faschismus widmete einen Teil seiner Ausführungen den Bemühungen heutiger Geschichtsschreibung, den Begriff Faschismus im Sinne seiner Verharmlosung für die Jahre 1933 bis 1945 zu vermeiden. Er plädierte dafür, zusätzlich zu der von Georgi Dimitroff auf dem VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale (Komintern) vorgetragenen Formel – »Der Faschismus ist die offene terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals« – den extremen Antisemitismus und Rassismus des Faschismus an der Macht und des von ihm geführten Raubkrieges zu bedenken. Gleichzeitig warnte er davor zu unterschätzen, in welchem Ausmaß sich heute der Rassismus der Nazis nicht nur in den Köpfen jungen Menschen festgesetzt habe. Dort seien an die Stelle der einst geschmähten Juden Türken und Araber getreten.

Ulla Jelpke nahm nach einem Überblick über die augenblickliche Situation im rechten Lager und die vor allem nach dem gescheiterten NPD-Verbot zunehmenden Aktivitäten und Vernetzungen diesen Gedanken auf. Die Ursachenforschung für zunehmenden Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und die Verbreitung faschistischer Ideologie dürfe sich nicht auf die sozial Benachteiligten und die Bekämpfung der »Schmuddelkinder« beschränken. Sie konstatierte eine Mitschuld der etablierten Parteien am besorgniserregenden Rassismus beispielsweise durch die Asyl- und Ausländerpolitik der Regierung. Daß dies nicht nur auf die amtierende Regierung zutrifft, wurde in der Diskussion bei der Erinnerung daran deutlich, daß an der Wiege der BRD nach 1945 Hitlers Generale, Richter, Theoretiker und Praktiker des rassistischen Raub- und Vernichtungskrieges gestanden haben. Von hier aus führte logisch die nachdrückliche Mahnung aller rund 100 Teilnehmer, den neofaschistischen Aufmarsch am 8. Mai am Brandenburger Tor im breiten Bündnis zu verhindern.

Quelle: www.jungewelt.de