Ostermarsch Bodensee, 14.4.2001, LindauBilder

Konstruktive Friedenspolitik statt Interventionsarmee

Pressemitteilung des Netzwerk Friedenskooperative von 6.4.2001 zu den Ostermärschen und -aktionen 2001

In mehr als 40 Veranstaltungen und Aktionen melden sich Friedensinitiativen an den Ostertagen zu Wort. Bereits am morgigen Samstag findet in Basel das internationale Dreiländer-Friedensfest statt. Auch die Friedenswerkstatt Wedel legt einen Frühstart hin und eröffnet die Osteraktionen eine Woche vorher. Hauptredner bei der Auftaktkundgebung ist OTL a.D. Helmuth Prieß von der kritischen Soldatenvereinigung "Darmstädter Signal".

Ab Karfreitag finden regionale Osteraktionen im ganzen Bundesgebiet mit Friedensandachten, Mahngängen, Fahrradstafetten, Märschen, Kundgebungen und Friedensfesten statt. In Ostdeutschland sind u.a. Demonstrationen gegen die militärische Nutzung der Wittstocker und der Colbitz-Letzlinger Heide geplant. In Stuttgart wird vor der landesweiten Kundgebung die US-Kommandozentrale EUCOM blockiert. Abschlusskundgebungen finden am Ostermontag u.a. auch in Berlin, Dortmund, Frankfurt, Hamburg, Kassel und Nürnberg statt. Belgische und niederländische Gruppen beteiligen sich mit Aktionen an NATO-Standorten Kleine Brogel (B) und Heerlen (NL).

Im Mittelpunkt der Ostermärsche 2001 stehen der Protest gegen den Umbau und Einsatz der Bundeswehr für kriegerische Interventionen und die Forderung nach Aufbau und Förderung umfangreicher Mittel konstruktiver ziviler Konfliktbearbeitung.

Spätestens seit dem Kosovo/Jugoslawienkrieg befinden sich die Gruppen der Friedensbewegung - ähnlich wie die Anti-Atom-Initiativen - im offenen Konflikt mit den einstigen Weggefährten in der rot-grünen Regierung. Unter Hinweis auf die regierungsamtliche Lügenpropaganda zur Rechtfertigung des Krieges gegen Jugoslawien vor zwei Jahren wollen die Friedensinitiativen der "Ideologie der humanitären militärischen Intervention" entgegentreten. Ein nächster Krieg mit solchen Vorwänden soll gesellschaftlich nicht wieder durchsetzbar sein.

Vehement kritisiert werden auch die amerikanische Pläne für ein Raketenabwehrsytem (NMD), der anhaltende barbarische Krieg der russischen Armee in Tschetschenien und die unter Rot-Grün ungebremst fortgesetzten deutschen Rüstungsexporte.

Manfred Stenner (Geschäftsführer des Netzwerk Friedenskooperative)


Wer Kriege führt, macht aus Menschen Mörder!

Aufruf der Friedensinitiative Überlingen zum Internationalen Bodensee-Ostermarsch 2001 in Lindau

Lindau, 14. April 2001, Auftakt: 11 Uhr, Bahnhofsvorplatz am Hafen, Abschlusskundgebung: 11.45 Uhr Maximilianstraße/Bismarckplatz, Hauptrednerin: Anne Rieger (2. Bevollm. IG-Metall Waiblingen, VVN-BdA)

Für ein ziviles Europa der Menschenrechte, des Umweltschutzes und der sozialen Gerechtigkeit - Gegen Militarisierung, Rassismus und Faschismus

Die Vereinten Nationen gaben jüngst bekannt: Allein in den verarmten Ländern der Welt entstehen durch bewaffnete Konflikte pro Jahr Verluste in der dortigen Landwirtschaft von 4,3 Milliarden US-Dollar. Jede zweite Hungersnot ist inzwischen eine Folge von Kriegen. Gleichzeitig haben die Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik erreicht, dass Deutschland zum drittgrößten Waffenexporteur der Welt wurde. Wichtige Rüstungsfirmen befinden sich in den Bodenseestädten Arbon, Friedrichshafen, Konstanz, Kreuzlingen und Überlingen.

Ausgerechnet die seit 1998 regierende Koalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen brachte entgegen großer Hoffnungen keine Besserung. Inzwischen bewegt sie sich bei der fortschreitenden Militarisierung der deutschen Gesellschaft in den Fußstapfen ihrer konservativ-liberalen Vorgängerregierungen. Auf dem Weg zu einer gewöhnlichen Großmacht beteiligte sie sich 1999 aktiv am grundgesetzwidrigen Angriffskrieg der NATO gegen Jugoslawien. 2000 getötete und 5000 verletzte Zivilisten in Jugoslawien, eine Steigerung der Flüchtlingszahlen aus dem Kosovogebiet auf 860 000 Menschen und Sachschäden im Wert von 120 Milliarden US-Dollar gehörten zu den "Erfolgen" auch der daran beteiligten 8 500 Bundeswehrsoldaten. Hinzu kommt die Steigerung der Krebsrate durch die langfristige Verseuchung halber Landstriche mit Uranmunition.

Die zu uns kommenden Flüchtlinge sind anwachsendem Rassismus, ausländerfeindlichen Gesetzen und demütigender Behandlung durch Behörden ausgeliefert.

Unfähig, die Menschen Europas vor den zerstörerischen Folgen der profitorientierten Lebensmittelindustrie nachhaltig zu schützen, plant die Europäische Union unter Beteiligung der Bundeswehr bis zum Jahr 2003 die Aufstellung von rund 60 000 Soldaten als "Krisenreaktionskräfte". Mit 100 Kriegsschiffen und 400 Kampfflugzeugen sollen diese Truppen in einem Radius bis 4000 km eingesetzt werden: bis Nordafrika, den Nahen Osten und den Kaukasus. Das Ziel dieser Politik lautet, "Akteur auf der Weltbühne" zu werden.

Wir gehen deshalb auf die Straße, um folgenden Alternativen Nachdruck zu verleihen:
  • Für ein zivil orientiertes Europa der vorbeugenden Konfliktlösungen
  • Für ein Europa der Menschenrechte für alle, unabhängig von Pass, Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Volkszugehörigkeit und Reichtum
  • Vollständiges Verbot der Erzeugung von Landminen
  • Keine müde Mark für den "Eurofighter" (40 Mrd. DM) und die EU-"Krisenreaktionskräfte"
  • Verwendung der Rüstungsgelder für Umweltschutz, Busse, Bahn, Bildung und bei der Bekämpfung der Armut auf der Welt
  • Kein Bundeswehreinsatz im In- und Ausland
  • Abschaffung der Bundeswehr und aller Armeen weltweit!
Organisatorin: Bunte Liste Lindau

Den Lindauer Aufruf unterstützen:
  • Antifaschistische Aktion Antifa Ravensburg
  • Amnesty International ai-Gruppe Lindau
  • Bunte Liste Lindau
  • Dr. med. Till Bastian, Isny
  • Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KiegsdienstgegnerInnen DFG-VK Ravensburg-Oberschwaben
  • Charly Schmidt, Kreisvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB Kreis Allgäu
  • Friedensinitiative Überlingen-Stockach
  • Verband Deutscher Schriftsteller VS Region Bayerisch-Schwaben
  • Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der AntifaschistInnen VVN/BdA Oberschwaben
  • MdB Dr. Winfried Wolf (PDS), Stuttgart
Für den Ostermarsch, aber ohne Unterstützung des Aufrufes sprach sich aus:
  • Deutscher Gewerkschaftsbund DGB, Ortskartell Lindau

Eine friedliche Wirklichkeit mit gleichen Rechten für alle Menschen auf der Welt

Rede von Anne Rieger (2. Bevollmächtigte IG Metall Waiblingen und Landessprecherin VVN-Bund der Antifaschisten Baden-Württemberg)

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

40 Kasernen der Bundeswehr werden geschlossen 25 000 Soldaten und etwa ebensoviel ziviles Personal werden abgebaut. Die Bundeswehr soll verkleinert werden!

Wozu da noch Ostern marschieren? Ist es nicht ein alter Hut? Greift nicht die rotgrüne Bundesregierung endlich die uralte Forderung der Friedensbewegung auf und rüstet ab?

Nein, die Bundesregierung, rüstet auf. "Die Bundeswehr wird kleiner, im Hinblick auf die gewandeltenn Anforderungen jedoch modernen und leistungsfähiger" heisst es wörtlich im Ressortkonzept von Aufrüstungsminister Scharping. 220 Mrd. DM aus unseren Steuergeldern sollen für weiteres todbringendes Kriegsgerät ausgegeben werden. Als ob nicht schon der Bomben- und Umweltkrieg der Nato gegen Jugoslawien genügend Elend über Südosteuropa gebracht hätte. Hat denn die Bundesregierung gar nichts gelernt?

Wir brauchen keinen Eurofighter und keinen Hochseefregatten.

Angesichts der drängenden sozialen Probleme in unserm Land, den zu niedrigen Renten, der Massenarbeitslosigkeit, den hohen Pflege- und Krankheitskosten brauchen wir unsere Steuergelder für zivile Arbeitsplätze und die Verbesserung unserer Lebensqualität.

Wir fordern von der Bundesregierung:
  • Stoppt den Eurofighter
  • Sofortige Auflösung der Einsatzkräfte vor kurzen noch Krisenreaktions- und der Kommandospezialkräfte genannt
  • Wir brauchen kein militärischen Großraum Transportflugzeug Airbus keinen Kampfhubschrauber Tiger, keinen Einsatzgruppenversorger Berlin!
  • Wir brauchen auch kein militärisches Satellitenkommunikationssystem.
Die Bundeswehr: eine Interventions- und Angriffsarmee - wir sagen nein!

Unter dem Deckmantel Verkleinerung der Bundeswehr, Abbau von Standorten, Verringerung der Zahl der Soldaten, wird der Umbau der Bundeswehr zu einer Hightech-Angriffsarmee vorangetrieben.

Mit der infamen öffentlichen Diskussion, "zuwenig Gelder für Scharping" - obwohl er 1/10 des Bundeshaushalts beansprucht - versucht man uns weiss zu machen, die Deutsche Armee würde abgerüstet.

Wie immer wenn es um Krieg und Aufrüstung geht: Es beginnt mit einer Lüge! Zwar ist richtig: die Gesamtzahl der Soldaten wird verringert Auch die Zahl der Wehrpflichtigen Aber die Zahl der sogenannten Einsatzkräfte - der Angriffskräfte also - wird verdreifacht. Aus 53 000 werden 150 000.

Das lehnen wir ab. Die Verdreifachung der Einsatzkräfte ist verbunden mit dem milliardenschweren Beschaffungsprogramm der Bundeswehr - Modernisierung genannt.

Damit soll die deutsche Armee in die Lage versetzt werden pro Jahr zwei größere Kriseneinsätze a la Kosovo im Ausland gleichzeitig durchzuführen. Das bedeutet nichts anderes, als die Bundeswehr kriegsführungsfähig zu machen. Der Kriegszustand soll der Normalzustand der Bundeswehr werden. Wir fordern: Keine Kriegseinsätze der Bundeswehr im Ausland

Die Aufgabe der Einsatzkräfte sind Angriffe, sind - Zitat -das : "Ausheben von Befehlszentralen"; sie sollen - wieder Zitat - "hinter den feindlichen Linien die Logistik zerstören" . Generalinspekteur Kujat nennt die "Division für Spezialoperation" und die "Division für luftbewegliche Operation" "hochwirksame Instrumente der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik".

Unsere Außen- und Sicherheitspolitik ist das nicht. Wir lehnen jegliche militärische Außen- und Kriegspolitik ab.

Das Wort Sicherheitspolitik ist zynisch gewählt - denn gemeint ist damit nichts anderes als Kriegs- und Militärpolitik.

Für die Einsatzkräfte werden speziell konzipierte Kriegswaffen angeschafft. Mit Geldern, die woanders dringender gebraucht werden. Während im Dezember wochenlang im Parlament unter Einschaltung aller Medien darüber gestritten wurde, ob für die Entfernungspauschale der Arbeitnehmer 1 Mrd. DM im Bundeshaushalt vorhanden sei oder nicht, wurden gleichzeitig - ohne viel Federlesen - 10 Mrd. DM für das militärische Transportflugzeug Airbus in den Rüstungshaushalt eingestellt. Damit sollen die Einsatzkräfte bis zu 4000 km Entfernung zum Kriegführen transportiert werden. Welche Deutschen aber sollen 4000 km entfernt - also z.B. im Kaukasus oder Nordafrika verteidigt werden?

Während die Eingangsgehälter für den Lehrernachwuchs auf unter 2000,- DM mtl abgesnekt wurden, wurde gerade das Einsatzgruppenversorgerschiff Berlin in Betrieb genommen. 260 Mio DM für eine einzige dieser schwimmenden Befehlszentralen legt die Bundesregierung locker auf den Tisch.

Wir fordern: Verzicht auf das Waffenbeschaffungsprogramm und Verwendung der Gelder fürsozial und ökologisch nützliche Beschäftigungsprogramme

Das Instrument Bundeswehr dient allein der Durchsetzung der Wirtschaftsinteressen von Großkonzernen und Banken, dem Macherhalt und der Machteroberung.

Oder hat jemand vergessen, dass diese Bundeswehr nicht der Verteidigung dient, sondern - Zitat: "der Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt," wie es in den verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundesregierung von 1993 wörtlich heißt? Nur für diesen Zweck wird die Bundeswehr zur Zeit auf- und umgerüstet. Während 1999 alle anderen Haushaltsressort 7 % sparen mussten, . wurde für den Angriff auf Jugoslawien 2 zusätzliche Milliarden locker gemacht. während das die Haushalte für das Arbeits- und Gesundheitsministerium in diesem Jahr gekürzt wurden, erhielt Scharping 2 Milliarden DM mehr. Für modernes Kriegsgerät der Bundeswehr offensichtlich keine Mark zu viel. Für Rüstungsinvestitionen von 220 Mrd. DM soll aus der Verteidigungsarmee eine Interventionsarmee gemacht werden, die der neuen Militärmacht Europa dienen soll.

Diesem außenpolitischen und finanziellen Wahnsinn muß sofort Einhalt geboten werden. Die Verteidigunspolitischen Richtlinien müssen außer Kraft gesetzt werden.

Waffen töten schon im Frieden. Die Gelder fehlen im sozialen Bereich und bei der Entwicklungshilfe Sie fehlen bei der zivilen Konfliktbearbeitung und fehlen für ökonomische Unterstützung von Krisenregionen und für politische Lösungen. Die Milliarden, die heute für den Wiederaufbau der Balkanregion westdeutschen und westeuropäischen Unternehmer zur Verfügung gestellt werden, hätten vor dem Krieg im Kosovo, im Armenhaus des Balkan, zur Befriedung der sozialen Konflikte den Bürgerkrieg verhindern können.

"Deutsche Außenpolitik ist Friedenspolitik" diese Programmatik aus der Koalitionsvereinbarung von Rot-Grün aus dem Jahre 1998 fordern wir nach wie vor ein.

Dazu bedarf es abrüstungspolitischer Initiativen der Bundesregierung. Die politische und ökonomische Stärke Deutschlands in der Mitte Europas ist dazu eine gute Grundlage.

Statt dessen beschloss die Bundesregierung gemeinsam mit den USA und den übrigen Nato-Staaten die neue Nato-Strategie mit der Selbstmandatierung der Nato . Dabei wird von einem - ich zitiere - "breiten Spektrum militärischer und nichmilitärischer Risiken" Zitat Ende ausgegangen wird. Als ein Risiko wird die "Unterbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen" genannt.

Ist damit Öl für die USA, die EU oder Deutschland gemeint?

Soll mit der NATO-.Strategie die weitere Dominanz der Transnationalen Konzerne der G7-Staaten auch mit militärischen Mitteln abgesichert werden?

Die Deutsche Bundeswehr darf aus dem Bürger in Uniform nicht zum Rambo der Konzerninteressen verkommen. Deutsche Außenpolitik darf nicht militärische Außenpolitik, sie muss aktive, wirkliche Friedenspolitik sein.

Die Industrie hält sich nicht vornehm zurück. Sie mischt mit in der Aufrüstungspolitik - allen voran natürlich die Rüstungsindustrie. Der Vorsitzende des Arbeitskreises Verteidigungswirtschaft des Bundes der Deutschen Industrie, kurz BDI Axel von Homburg von Dynamit Noble AG, erklärte, die Bundeswehr komme um eine deutliche Aufstockung der Investitionen nicht herum Der Investitionsanteil der Bundeswehr müsse von verdoppelt werden von 7 auf 15 Mrd. DM. Die wehrtechnische Industrie fordert gar, den Verteidigungshaushalt von derzeit 47 Mrd. DM auf 60 Mrd.. DM zu erhöhen. Wir fordern die Kürzung des Aufrüstungsetats und Verwendung der Gelder für die Standortkonversion.

Die Rüstungsindustrie bleibt aber nicht bei freundlichen Vorschlägen oder strengeren Aufforderungen stehen. Immer wieder drohen die Rüsutngskonzerne: Entweder sie bekämen Rüstungsaufträge von der Regierung oder Arbeitsplätze würden vernichtet In unserem Gesellschaftssystem mit extrem hoher Massenarbeitslosigkeit, in der jede und jeder Beschäftigte auf seinen Arbeitsplatz angewiesen ist, ist das wie Geiselnahme.

Das lehnen wir ab. Die Angst um den Arbeitsplatz darf nicht zum Erpressungsinstrument der Konzerne missbraucht werden.

Auch hier- rund um den herrlich gelegenen Bodensee, befindet sich eine Hochburg der Rüstungsindustrie MTU, ZF, EADS Dornier, und für Liebherr sollen 560 000 DM zur Verfügung gestellt werden..

Es ist längst bekannt, dass es für Rüstungsarbeitsplätze sinnvolle soziale und umweltrelevante Alternativen gibt. Rüstungskonversion, - Umstellung von Rüstungsproduktion auf zivile Produktion - ist längst kein Hexenwerk mehr. Und ein Arbeitsplatz im Sozialen Bereich ist schon mit einem Drittel des Geldes zu finanzieren, das ein Rüstungsarbeitsplatz kostet.

Wäre es also nicht vernünftiger, sozialer, umweltfreundlicher, beschäftigungswirksamer statt eines neuen militärischen Transportflugzeuges 1100 Altenpflegeheime zu bauen? Statt 180 Eurofighter 200 000 Sozialwohnungen oder statt 80 Militärhubschrauber 1000 Grundschulen und 4000 Kindergärten? Oder hier am Bodensee den Tourismus, Nah- und Regionalverkehr auszubauen und besser zu integrieren.

Was ist mit den Berufen der Beschäftigten - höre ich fragen?

Heute ist über all in der Wirtschaft lebenslanges Lernen angesagt. 2-3 mal im Leben muss heute jeder einen neuen Beruf erlernen, lassen uns die Industriebosse ständig wissen.

Wäre es da nicht sinnvoll für einen Ingenieur, der Eurofighter konstruiert, umzulernen und z.B. ein hochqualifizierter Ausbildungsingenieur an einem Berufschulzentrum oder im Umweltschutz zu werden? Für einen Piloten eines militärischen Transportflugzeuges komplizierte Aufträge in einem besser ausgestatteten Technischen Hilfswerk zu übernehmen oder auch etwas ganz anderes zu machen, z .B. ein hochqualifizierter Architekt für gut durchdachte Sozialwohnungen oder kann ein Koch auf einem Kriegsschiff nicht Koch in einem Kindergarten werden und dabei neueste ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse in die Nahrung unserer Kinder einfließen lassen? Die Industrie sucht ständig hoch qualifizierte Arbeitskräfte. Warum sie nicht aus der Rüstungsindustrie nehmen?

Freilich, das Umlernen kostet Geld - aber Geld ist genug da!

Geben wir es für Konversionsprogramme statt für Hochrüstung aus

Deutschland ist von Freunden umgeben. Abrüstung ist daher dringend geboten. Konversion in der Rüstungsindustrie und sozialverträglicher Abbau der Bundeswehr auf 100 000 wäre ein erster sinnvoller Schritt.

Tausendmal besser als beim amerikanischen Raketenprogramm NMD mitzumachen, oder mit einer europäischen Eingreiftruppe gegen die USA zu konkurrieren. Beides befördert die Rüstungsspirale. Die aber muss gestoppt werden, denn durch den Jugoslawienkrieg wurde bereits an ihr gedreht.

78 Tage und Nächte bombardierte die NATO vor zwei Jahren Städte und Dörfer in Jugoslawien. Mit ihrer gewaltigen Luftarmada erschlug und verstümmelte sie Tausende von Frauen, Männern und Kindern. Beinahe eine Millionen Menschen ist in Folge dieses Krieges aus ihrer Heimat vertrieben worden. Die gezielte Zerstörung von 23 petrochemischen Fabriken, von Öl-Raffinerien und Öllagern, von Chemischen un pharmazeutischen Betrieben, von Ammoniak-, Düngemittel- und Pflanzenschutzfabriken, von 16 Kraftwerken, und der Einsatz von 30 000 Urangeschossen im Kosovo und 11 000 in Bosnien haben Umwelt und Wirtschaft der gesamten Region nachhaltig geschädigt, die Arbeitslosigkeit hat eine nie gekannte Dimension angenommen.

Deutsche Tornados mit deutschen Soldaten waren dabei, als Jugoslawien gnadenlos zerbombt wurde - in die ökonomische Steinzeit.

Bundeskanzler Schröder begründete den Krieg damit, dass ich zitiere ihn wörtlich "weitere schwere und systematische Verletzungen der Menschenrechte unterbunden und eine humanitäre Katastrophe verhindert" werden solle.

Krieg für Menschenrechte - mit dieser perversen Formel begann die größte humanitäre Katastrophe in Europa nach dem zweiten Weltkrieg.

Er war nie ein Krieg für Menschenrechte! Er war ein Angriffskrieg in dem es um nichts anderes als wirtschaftliche und geostrategische Interessen ging. Erst vor wenigen Wochen ist bekannt geworden, dass es den Hufeisenplan, den angeblichen Vertreibungsplan der Serben nie gab, dass es kein Massaker in Rugova gab, dass es im Stadion von Pristina niemals ein KZ gegeben hat.

Alle diese Lügen, die herhalten mussten, um uns von der angeblichen Notwendigkeit dieses Angriffskrieges zu überzeugen, sind kürzlich in einem ARD Film aufgedeckt worden..

Für uns war immer klar: Menschenrechte und Demokratie haben eine zivile und keine militärische Logik. Menschenrechte brauchen politische und keine militärischen Lösungen. Wir wissen, die Wurzeln des Krieges liegen in der ungerechten Verteilung des Reichtums und der Ausbeutung des Lebens. Wir unterstützen die Aussage im Grundsatzprogramm des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Dort heißt es: "Soziale, ökonomische und ökologische Konflikte müssen auf zivilem Wege ohne militärische Gewalt gelöst werden."

Deutsche Soldaten haben im zwanzigsten Jahrhundert niemandem Frieden gebracht Denn als die NATO-Bomben vor zwei Jahren auf Jugoslawien abgeworfen wurden, verursachten die 19 Regierungschefs der NATO -Staaten damit mehr als Tod und Verderben in Jugoslawien. Die Bomben trafen auch den Kern des Völkerrechts, das Verfassungsrecht, das internationale Vertragsrecht und hoben das Rahmenwerk der globalen Sicherheit aus den Angeln, das uns alle seit dem Ende des zweiten Weltkrieges vor den Schrecken eines Atomkrieges geschützt hat. Heute ist die Menschheitsbedrohende Schreckensvision wieder denkbar. Denn die neuerliche Intensivierung des nationalen Raketenprogramm NMD der Amerikaner ist eine Folge der Kriegspolitik.in Jugoslawien, die alle Verträge missachtet hat.

Das Raketenprogramm der USA muss sofort gestoppt werden - eine deutsche Beteiligung darf es daran nicht geben. NMD ist kein "Sprungbrett für neue Technologie" wie Bundeskanzler Schröder es bezeichnet. NMD ist auch kein Verteidigungssystem, wie das Wort Defense - Verteidigung uns einreden will. Es ist ein Weltraumaufrüstungsprogramm und soll den USA die Vorherrschaft im All garantieren und Angriffe vom Weltraum aus ermöglichen. Es wird die weltweite atomare Rüstungsspirale in Gang setzten, denn insbesonders Länder wie Russland und China sehen sich dadurch bedroht. Nicht der Aufbau eigener weltraumgestützter Navigation, Aufklärung und Kommunikation darf für die Bundesregierung und die EU die Konsequenz sein, sondern sie muss ihren großen politischen Einfluss nutzen und gemeinsam mit der EU, Russland und China NMD und die weitere atomare Rüstungsspirale verhindern.

Ohne unseren massiven öffentlichen Druck wird das nicht geschehen. Deswegen lasst uns den Ostermarsch nutzen, als Beginn einer neuen Friedensoffensive. Unsere Voraussetzungen sind gut. An über 40 Orten gibt es Ostermärsche, ein Viertel aller Wehrpflichtigen der Jahrgänge 1970 bis 1982 haben den Kriegsdienst verweigert. Auc der Zulauf von Frauen ist nicht so, wie es sich die Herren der Bundeswehr vorgestellt haben. Nur 244 haben zu Jahresbeginn begonnen, einige haben den Dienst schon wieder quittiert.

Die Stimmung ist also nicht schlecht für uns. Nötig ist allerdings weitere Friedens-Aufklärung. Und diese Arbeit können nur wir tun. Der Weg ist nicht einfach- aber er ist gangbar. Kreativität, Mut und Zivilcourage gehören dazu.

Angesichts der schrecklichen Rolle, die der deutsche Militarismus in zwei Weltkriegen und im Balkankrieg gespielt hat, haben wir keine Alternative.

Unser Einsatz für Für den Frieden - gegen weitere Militarisierung Wird letztendlich in eine friedliche Zukunft führen Die Bedingungen dafür heißen: Wir handeln gemeinsam und entschlossen Resignation und Stillstand wollen wir uns nicht leisten Wir haben Visionen von einer neuen friedlichen Wirklichkeit mit gleichen Rechten für alle Menschen auf der Welt Davon träumen wir nicht nur Dafür handeln wir!


Osteraktionen ermutigen zum Widerspruch gegen rot-grüne Militärpolitik

Pressemitteilung des Netzwerk Friedenskooperative vom Ostermontag, 16.4.2001

In nahezu allen Veranstaltungen und Aktionen der Ostermärsche stand der Widerspruch zur kriegerischen Intervention und dem Aufbau der dafür vorgesehenen europäischen Eingreiftruppen im Mittelpunkt. Die Friedensinitiativen erinnern daran, dass sich viele der Rechtfertigungen des Krieges gegen Jugoslawien vor zwei Jahren inzwischen als Lügenpropaganda herausgestellt haben und die Stabilität der Balkanregion durch den NATO-Kriegseinsatz zusätzlich gefährdet wurde. Die an Interventionsarmeen und Kriegseinsätze ver(sch)wendeten Mittel fehlen für vorbeugende und zivile Konfliktbearbeitung. Konstruktive Friedenspolitik braucht Mittel in ganz anderen Dimensionen, als sie Rot-Grün mit dem Gegenwert eines halben Panzers für den "Zivilen Friedensdienst" zur Verfügung stellt.

Vehement kritisiert wurden bei den Osteraktionen auch die amerikanische Pläne für ein Raketenabwehrsytem (NMD), der anhaltende barbarische Krieg der russischen Armee in Tschetschenien und die unter Rot-Grün ungebremst fortgesetzten deutschen Rüstungsexporte. Insbesondere die Blockade der US-amerikanischen Kommandozentrale EUCOM bei Stuttgart - bei der 3 Dutzend AktivistInnen von der Polizei in Gewahrsam genommen wurden - setzte sich für die ächtung der Atomwaffen und den sofortigen Abzug der in Büchel (Eifel) und Ramstein gelagerten Atombomben aus Deutschland ein.

Die Beteiligung an den Ostermärschen ist in den letzten Jahren - auf einem im Vergleich zu den 60er und 80er Jahren niedrigem Niveau - stabil, obschon frühere rote und grüne MitmarschiererInnen fernbleiben und keine unmittelbare (eigene) Bedrohung wahrgenommen wird. Besonders Initiativen in den neuen Bundesländern haben sich die Ostermarschtradition kreativ zu eigen gemacht.

Friedensinitiativen und -organisationen planen viele weitere Aktivitäten zu den auch bei den Ostermärschen angesprochenen Themenfeldern. U.a. wird versucht, Abgeordnete für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zum Kosovo-/Jugoslawienkrieg zu gewinnen. Der "Ideologie der humanitären militärischen Intervention" zur Rechtfertigung von Krieg und Zerstörung wollen Organisationen im Netzwerk Friedenskooperative verstärkt entgegentreten. Ein nächster Krieg mit solchen Vorwänden soll gesellschaftlich nicht wieder durchsetzbar sein.

Manfred Stenner (Geschäftsführer des Netzwerk Friedenskooperative)